UdH# 107: Betze vs KSC

UDH – Derbyausgabe!cover

Morgen ist es soweit: Betze gegen Karlsruh! Ja warum morgen eigentlich?! Das Spiel war bis vor 2 Wochen noch auf den heutigen Freitagabend 18:30 Uhr terminiert. In Anbetracht des Feiertages wäre das eine derbywürdige Anstoßzeit gewesen: Flutlicht und über 40.000 auf’m Betze – davon ca. 4000 Badenser.  Die Polizei hat dann aber gemerkt, dass es Freitagabends um 18:00 schon langsam dunkel wird und sie Faninteressen wenig interessiert. Naja, wen wunderts eigentlich noch… Wir sind trotzdem heiß aufs Derby!  Wem die Wartezeit bis morgen zu lange ist, kann sich mit der aktuellen UDH Ausgabe vergnügen. Trotz der englischen Woche und der daraus resultierenden Notwendigkeit zwei Ausgaben in so kurzer Zeit hervorzubringen, kann sich das Ergebnis sehen lassen. Neben interessanten Berichten von den Fußballplätzen dieser Welt, wird speziell ein Auge auf die Machenschaften des untergetauchten Verfassungsschützers Martin Thein geworfen. Eine kleine Zusammenfassung der letzten Monate hier:

Verfassungsschutz interessiert an Ultras?

Schon vor einigen Jahren wurde bekannt, dass die Polizei V-Männer in den deutschen Fankurven einsetzen ließ. Doch dass nun eventuell auch das Bundesamt für Verfassungsschutz seine Schnüffler in den Stadien hat, klingt erschreckend. Zumal es sich ja in erster Linie um Fußballfans handelt und nicht etwa um eine ernstzunehmende Bedrohung der öffentlichen Sicherheit durch terroristische Vereinigungen. So waren angeblich die Herren Martin Thein und sein Kollege Jannis Linkelmann für den Verfassungsschutz im Einsatz. Diese versuchten sich geschickt in die Fanszene einzufädeln und gezielt Informationen zu sammeln. Dazu warben sie unteranderem V-Männer in den deutschen Fankurven an und trafen sich mit Fanforschern und Ultras verschiedener Vereine.

Alles fing damit an, dass Martin Thein im Jahr 2011 eine Masterarbeit an der Bochumer Universität über Nürnberger Ultras verfasste. Danach schrieb er vier Bücher über das Thema Fankultur und interviewte dazu unter anderem Ultras aus Mainz, Stuttgart und Dresden. Außerdem gründete er mit seinem Partner Jannis Linkelmann die Internetplattform fankultur.com, worauf interessierte User ihre eigenen Blogs und Texte veröffentlichen konnten. Im November 2011 warb er dann den Würzburger Universitätsprofessor Harald Lange unter Angabe falscher Tatsachen an und gründete mit ihm ein Institut für Fankultur. Im folgenden Jahr wollte Thein schließlich zum Fanforscher Gunther Pilz nach Hannover wechseln und mit ihm gemeinsam eine neue Arbeitsgruppe im Sportinstitut der Universität gründen. Allerdings scheiterte der Wechsel. Im Mai 2014 flog Thein schlussendlich auf. Im Buch „Heimatschutz“ wird er als V-Mann-Führer für den Bundesverfassungsschutz im Umfeld der rechten Terrorzelle NSU namentlich erwähnt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz gibt auf Fragen der Partei „Die Linke“ an, dass Martin Thein nicht im Auftrag des BfV gehandelt und es auch keine finanzielle Unterstützung gegeben habe. Die Frage, inwieweit er als ehemaliger V-Mann-Führer öffentliche Vorlesungen halten und sich einem in dieser Form äußerst zeitintensiven Projekt widmen konnte, bleibt dabei jedoch ungeklärt. Thein ist seit der Veröffentlichung des Buches „Heimatschutz“ vorläufig untergetaucht. Ob und wann er oder Winkelmann sich zu den Vorwürfen äußern werden, bleibt vorerst offen.

Hier geht’s zur kompletten Ausgabe 107

 

 

 

UdH# 106: Betze vs Union Berlin

106coverMittwoch, 17:30 uhr – Wer der Meinung ist, das sei eine passable Fußball-Zeit, der frisst auch kleine Kinder, säuft das Blut von süßen Baby-Robben… oder schlimmer: Red Bull! Aber gut, wir sind viel Wahnsinn gewohnt und wundern uns kaum noch über die Absurditäten dieses “Geschäfts”. Neben all dem Blödsinn der passiert, droht der wahren Passion, dem Fußball selbst, oftmals die nötige Aufmerksamkeit verloren zu gehen. Das ist nicht schön, aber alternativlos. Was wären wir, wenn wir versuchten die Störgeräusche auszublenden, nicht mehr zu motzen? Ducker, die windige Kompromisse eingehen und sich die Wahrheit zurechtbiegen! Abgestumpft, kapitulierend vor den Entwicklungen unserer Zeit! Schatten unserer selbst, nur noch Schatten einer Bewegung, nach deren Idealen Freiheit und Werte die Dinge lenken. Nicht die planke Geldgier irgendwelcher Verbände und Konzerne. Dafür sollten wir kämpfen bis zum Schluss und uns konsequent positionieren! Wir dürfen nicht zusehen, wie die Red Bulls dieser Welt weiter in unsere einstigen Freiräume drängen!

Mit diesem kleinen Exkurs möchten wir auf die Fanversammlung am 02. Oktober aufmerksam machen. Mehr zu diesem und weiteren Themen lest ihr in “Unter die Haut” Ausgabe 106. Dabei viel Spaß und bevor wir es vor lauter Mittwochmittagtermin, 300 KM-Regel, verkauften Stadionnamen, Retortenclubs und Ultras in Haft vergessen: Auf dem Betze findet ein Fußball-Spiel statt! Lasst uns die Mannschaft zum nächsten Heimsieg schreien, Farbe ins Spiel bringen und “unseren” Fußball zelebrieren – ohne dabei seine Auswüchse ohne Reaktion hinzunehmen.

Fanversammlung am 2. Oktober

Servus FCK-Fanclubs,

das Gebilde RB Leipzig marschiert und befindet sich bereits nach den ersten Spieltagen auf Kurs in Liga eins. Wie bereits in den vergangenen Wochen deutlich wurde, stellt dieser „Verein“ für uns, als Initiatoren der Kampagne „Nein zu RB – Für euch nur Marketing, für uns Lebenssinn“, einen gravierenden Einschnitt in die bestehende deutsche Fußball- und Vereinskultur dar.

Ein Unternehmen wie Red Bull nutzt die Emotionalität, die Leidenschaft und unsere Begeisterung für diesen Sport einzig und alleine dafür, Aufmerksamkeit für seine Produkte zu erlangen und schlussendlich Profite zu maximieren. Diese Art der Produktplatzierung ist für uns nicht tragbar, vor allem auch, oder gerade weil wir in Kaiserslautern ganz andere Werte und Tugenden mit dem Fußball in Verbindung bringen, als Habgier und Gewinnstreben.

Natürlich ist uns bewusst, dass ein erfolgreicher Protest, egal in welcher Form, nur zusammen als Fanszene des 1. FC Kaiserslautern möglich sein wird. Deshalb laden wir euch ein, möglichst zahlreich dieses Thema auf der Fanversammlung am 2. Oktober in entspannter Runde zu diskutieren und Meinungen auszutauschen.

Ebenso sind wir natürlich bereits im Vorfeld froh über jeden FCK-Fanclub, der sich unserer Kampagne anschließen und als Unterstützer gelistet werden möchte, je breiter die Basis der Ablehnung desto größer die Aufmerksamkeit! Wendet euch hierzu einfach an folgende Adresse: kontakt@nein-zu-rb.de

 

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“Preludio”-Interview mit Frenetic Youth

Über den sportlichen Ausgang unseres Gastspiels am vergangenen Samstag in der Kleeblattstatt möchten wir an dieser Stelle nicht viele Worte verlieren: Da war sicher mehr drin! Wenn sich der Betze demnächst auch auswärts cleverer anstellt, dürfte diese Saison weiterhin viel Freude bereiten. Um euch die kurze fußballfreie Zeit bis zum nächsten Heimspiel zu vertreiben, gibt es nachfolgend ein Interview, das am Samstag im “Preludio”, dem Infoflyer der Fürther Ultras “Horidos 1000” erschienen ist. Viel Spaß beim Lesen!

 

Servus nach Kaiserslautern!
Danke zuerst einmal, dass ihr unsere Anfrage angenommen und euch bereit erklärt habt, einen tieferen Einblick in die Materie Ultras in Kaiserslautern zu geben.
Am besten fangen wir mit einem kurzen Abriss eurer Geschichte an. Wie und wann entstand denn die Gruppe Frenetic Youth?

Servus nach Fürth! Um die aktuelle Gruppenkonstellation in der aktiven Fanszene verstehen zu können, bedarf es einen kurzen Rückblick in das Jahr 2006. Das Pfalz Inferno beschloss, sich nach langer Sektionsrolle von der damaligen Hauptgruppe Generation Luzifer loszusagen um ab sofort eigenständig zu agieren. Die Gründe hierfür waren grundsätzliche Differenzen in der Idee wie man den Ultragedanken ausleben wollte. Zeitgleich wuchs eine neue Generation von jungen Ultras in Kaiserslautern heran, die zwar bis dahin schon in der Szene aktiv waren, allerdings den massiven Tatendrang verspürten etwas nach eigener Vorstellung aufzubauen. So schlossen sich im Sommer 2006 zwölf Jugendliche mit großen Plänen zu Frenetic Youth zusammen. Uns war es damals wichtig gleichberechtigt zu entscheiden ohne Vorstand oder ähnliche Gremien. Nun gehen wir in das neunte Jahr, sind über 50 Leute und treffen unsere Entscheidungen immer noch basisdemokratisch.

Da ihr ja mittlerweile schon in euerm 9. Jahr als Gruppe besteht, hat sich innerhalb bestimmt viel in Sachen Selbstverständnis, Außendarstellung, Prinzipien etc. getan. Könntet ihr uns hier einen Einblick geben, was es für euch heißt Ultras zu sein und zu leben?

Puh, darüber könnte man sicherlich 50 Seiten schreiben, wir wollen es trotzdem versuchen es einigermaßen kurz zu halten. Es ist schwierig bzw. gar unmöglich sagen zu können DAS ist Ultra. Dafür ist diese Bewegung zu Facettenreich und gerade das macht sie so faszinierend und einzigartig.
Im Prinzip muss jeder zunächst für sich selbst entscheiden was es heißt Ultra zu sein und zu leben. Persönlich gesehen fängt Ultra tief im Herzen an, geht über den Kopf und endet im Handeln. Umso länger FY besteht, desto klarer wird, dass man den Leuten den Freiraum lassen muss Ultra für sich zu definieren und zu leben.

Ganz klar steht im Vordergrund die Liebe zum eigenen Verein und die Verbundenheit zu seiner Stadt. Völlig egal wie weit die Wege sind und wie schwierig die Zeit ist, wichtig ist, immer vollen Einsatz zu geben und das nach den eigenen Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen. Diese Einstellung legt man nicht nach 90 Minuten an den Stadiontoren ab. Auch in Sachen Vereinspolitik ist es uns wichtig, diese im Auge zu behalten, mit zu gestalten, auf Probleme aufmerksam zu machen und der Stachel in der Wunde zu sein.
Auch in allem was Fanpolitik betrifft engagieren wir uns. Wir freuen uns, dass die, von uns angestoßene, Kampagne „Nein zu RB“ auch von euch unterstützt wird. Nur gemeinsam können wir der zunehmenden Kommerzialisierung den Knüppel zwischen die Beine werfen.

Darüber hinaus war und ist es uns wichtig die Subkultur Ultra fest in der Stadt zu verankern und uns mit anderen Subkulturen zu vernetzen. Das passierte in den letzten Jahren Schritt für Schritt und die gegenseitige Akzeptanz wuchs zum Beispiel durch die von uns organisierte und mittlerweile etablierten Partyreihe “Wir alle sind K-Town”. Kaiserslautern hat viele unterschiedliche Kulturen zu bieten von den Malern bis hin zu den Musikern. Natürlich nutzen wir diese Gelegenheit gerne um für unseren Rapper Juses etwas Werbung zu machen. Kauft euch die EP „Sogenannter Fußballfan“, die Texte sagen viel über das aus wie das Leben in Kaiserslautern abläuft.

Wir sind für alle Menschen offen die unsere Idealen teilen und mitgestalten wollen. Egal ob groß, klein, aus sozial schwächeren Verhältnissen oder Akademiker. Jeder findet seinen Platz und kann sich so ausleben und einbringen wie er es für sich selbst am besten kann. Für uns ist die sehr enge Freundschaft, das ehrliche Miteinander, das Fundament einer funktionierenden Gruppe. Diese Einstellung tragen wir seit Gruppengründung in uns, zeigen diese nach außen und geben das so an die jüngere Generation weiter. Gerade die jüngere Generation ist schon immer unser Hauptthema gewesen. In unserem Förderkreis engagieren sich Jahr für Jahr zwischen 150 und 200 junge Menschen. Da geht es um mehr als die hinterletzte Ultragruppe aus der 7. Liga zu kennen oder von krassen Geschichten zu erzählen. Wir wollen diesen jungen Menschen etwas für das Leben mitgeben. Einen kritischen Blick auf die Gesellschaft, Werte wie Loyalität und Respekt und die Erkenntnis, dass es Menschen gibt, die einen so akzeptieren wie man ist. Selbstverständlich positioniert sich unsere Gruppe ganz klar gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie und jegliche Art der Diskriminierung.

Leider gab es in den vergangenen Jahren immer wieder harte Schicksalsschläge für verschiedene Leute aus der Gruppe. Gerade in diesen Situationen hat die Gruppe Größe bewiesen und sich um die Leute gekümmert. Der von vielen Gruppen verwendete Ausspruch „Brüder“ zu sein, also eine tiefere Verbindung zu seinen Freunden zu haben als dies in der Mainstreamgesellschaft mit ihren oberflächlichen Unibekanntschaften, Discocliquen und sonstigen Interessengemeinschaften der Fall ist, ist bei uns Realität. Das sind die Momente in den man stolz sein kann, das ist unser Selbstverständnis und dies ist hundertmal wichtiger als jeder gute Support oder ein gewonnener Kampf.

Die Außendarstellung ist natürlich gerade in einer Fanszene mit drei etablierten Ultragruppen immer ein interessanter Punkt. Auf der einen Seite gilt es gemeinsam mit allen Gruppen eine gewisse Geschlossenheit zu zeigen und andererseits auch als eigenständige Gruppe Akzente zu setzen. Wenn man sich die Bilder anschaut, dann kann man deutlich unsere Linie erkennen, gerade das dunkelrot-weiß-rote Farbmuster ist unser Erkennungsmerkmal geworden. Auch das Auftreten der Gruppe ist uns immer wichtig gewesen. Sicher waren wir da am Anfang etwas ernsthafter unterwegs als heute. Klar ist eine gewisse Disziplin notwendig aber es muss auch alles noch Spaß machen. Wir haben keine Lust angepasst und ausrechenbar zu sein, es muss immer Platz für Spontanität und auch für die ein oder andere überlegte Aktion sein. Diese Veränderungen kamen nicht zuletzt durch unsere Freundschaft zur Horda Frenetik Metz zu Stande. Die Jungs und Mädels sind kaotisch aber haben trotzdem alles im Griff, einfach alles etwas weniger spießig als in Deutschland. Wir sind unglaublich froh mit einer solchen Gruppe wie die Horda befreundet zu sein. HFY ULTRAS!

Ansonsten hatten wir in den letzten Jahren massiven Stress mit den Bullen, der irgendwann darin gipfelte, dass rund 30 Leute aus Gruppe und Umfeld mit Stadionverbot vor den Toren standen. Trotz dieser Erfahrung werden wir uns nie von den Bullen schikanieren lassen, wir werden weiter unsere Entscheidungen treffen und diese durchziehen. Klar wird da eine Drohkulisse aufgebaut, aber einschüchtern lassen? Nicht mit uns!

Die Ultras-Szene in Kaiserslautern besteht ja neben euch auch noch aus den Gruppen Generation Luzifer und Pfalz Inferno. Wie ist das Verhältnis zu den besagten Gruppen und gibt es weitere Gruppen, die hier erwähnenswert sind oder euch evtl. auch ziemlich nahe stehen?

Ganz klar gibt es in verschiedenen Themen unterschiedliche Auffassungen. Dadurch entstanden drei unterschiedliche Gruppen. Durch die Tatsache, dass nach und nach alle Gruppen eigene Räumlichkeiten bezogen und jede Gruppe einen eigenen Block in der Westkurve hatte, nahmen die Berührungspunkte ab.  Jedoch wusste man immer, dass es bei den “großen” Themen wie Fan-und Vereinspolitik, brisanten Spielen oder Choreographien nur gemeinsam geht.
Da die Heimspielstimmung immer schlechter wurde, setzten sich die Gruppen Ende der vergangenen Saison zusammen und sprachen darüber, wie man diesem Trend entgegenwirken könnte. Dabei wurden auch viele Probleme und Problemchen aus der Welt geschafft, so dass das Verhältnis zwischen den Gruppen heute so gut ist wie schon lange nicht mehr. Wir sind froh mit der Generation Luzifer und dem Pfalz Inferno Freunde an unserer Seite zu haben, auf die wir uns hundertprozentig verlassen können.
Neben FY, GL und PI gibt es noch die ein oder andere kleinere Gruppe, die den jeweiligen (vielleicht Hauptgruppen sodass es verständlicher wird) Gruppen zwar mehr oder weniger nahe steht und den oben beschriebenen neuen Weg mitgeht, allerdings für sich selbst ihren eigenen Vorstellungen nachgeht.

Seit dieser Saison steht ihr zusammen mit den anderen Gruppen wieder im Unterrang der Westkurve, nachdem ihr vor nicht allzu langer Zeit erst den Weg in den Oberrang angetreten seid. Was waren die Gründe für den erneuten Umzug zurück an den Spielfeldrand? Könnt ihr nach den ersten Heimspielen schon ein Fazit ziehen, ob dieser Schritt der richtige war?

Die ersten sieben Jahre standen wir immer in Block 7.1. Neben uns war das Pfalz Inferno im Block 8.1 positioniert, während die Generation Luzifer sich bereits 2006 entschieden hatte in Block 8.2 zu gehen. Ihr könnt euch vorstellen, dass mit dem Wachsen der beiden Stimmungszentren 7.1/8.1 und 8.2 zahlreiche Probleme aufkamen. So sangen wir fast immer asychron und auch die Abstimmung der Vorsänger klappte nur mäßig. Als PI dann nach oben ging, wurden die Probleme noch offensichtlicher, auch wenn unser Block auf locker 300 Aktive angewachsen war. Die Stimmung bei Heimspielen wurde immer schlechter und wir beschlossen nach oben zu gehen um mit den anderen Gruppen ein Stimmungszentrum zu bilden. Im Rückblick lässt sich sagen, dass der Versuch gescheitert ist. Wir verloren durch den Umzug doch einige Umfeldleute und durch die baulichen Gegebenheiten war der Abstand zwischen den Gruppen immer noch riesig. Am allerschlimmsten war aber wohl die Entfernung zum Spielfeld. Das Gefühl nicht mehr ins Spiel eingreifen zu können war eines der zentralen Argumente sich wieder Gedanken über den Standort zu machen.
Ende der vergangenen Saison waren wir dann wirklich am Tiefpunkt der Stimmung auf dem Betzenberg angekommen. Glücklicherweise sahen das auch die anderen Gruppen so. In vielen und langen Gesprächen stellten wir einen Plan auf, wie die Stimmung langfristig verbessert werden soll und da war der Umzug ein zentraler Punkt.
Nun haben wir 3 Heimspiele hinter uns und bis jetzt sieht es so aus, als ob sich der Umzug auszahlen würde. Natürlich müssen sich noch viele Abläufe einspielen, aber die Ansätze sind vielversprechend. Auch das Feedback vieler Kurvenbesucher bestätigt uns in diesem Schritt. Jetzt heißt es weiter konsequenten arbeiten.

Der FCK ist ja noch einer der letzten Vereine im „Profifußball“ der noch als e.V., also nicht als Kapitalgesellschaft geführt werden. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Verein? Gibt es bestimmte Aufgaben, die ihr übernehmt oder Projekte, die in letzter verwirklicht werden konnten?

Das Engagement für Vereinspolitik ist uns quasi in die Wiege gelegt. Spätestens nach dem unsäglichen Ausbau des Fritz-Walter-Stadions für die WM 2006 und die damit verbundenen massiven Schwierigkeiten für den FCK haben wir uns geschworen, immer kritisch aber konstruktiv an unserem FCK mitzuwirken. Die Grundlage dafür ist die Vereinsmitgliedschaft. Alle FY Mitglieder sowie alle Leute aus dem engeren Umfeld müssen Mitglied beim FCK sein, da gibt es keine Ausnahmen. Nur so können wir auf den Mitgliederversammlungen unsere Positionen vorbringen und umsetzen. So wurden in der Vergangenheit beispielsweise Anträge zur klaren Positionierung für fangrechte Anstoßzeiten und für die Nicht-Verlängerung des Vertrages mit Viagogo durchgesetzt.
Außerdem gibt es regelmäßige Gesprächsrunden mit dem Vorstand aber auch dem Trainer und nun auch dem Sportdirektor. Dort wird sehr offen und schonungslos gesprochen. Beide Seiten haben aber vereinbart, dass die Inhalte der Gespräche vertraulich bleiben. Deswegen können wir nicht so sehr ins Detail gehen.

Was als aktuelles Beispiel genannt werden kann, ist die Geschichte mit dem orangenen Heimtrikot. Das hat bei vielen FCK Fans und somit natürlich auch in der Fanszene für viel Ärger gesorgt. Wir haben mit dem Verein nach Lösungen gesucht und so können die FCK Fans jetzt abstimmen wie das Trikot 2015/16 aussehen soll.
Wenn wir über den Verein reden, wollen wir nicht vergessen auch ein großes Lob an die Fanbetreuung loszuwerden. Christoph, Timo und Sabrina haben immer ein offenes Ohr und haben schon oft zwischen der Fanszene und dem Verein vermittelt.

Zusammenfassend können wir sagen, dass wir uns sicher immer auf einem schmalen Grad zwischen „Einlullen lassen“ und einer fundamentalen Oppositionsrolle bewegen. Es bleibt weiter wichtig eine kritische Distanz zu wahren und Probleme klar zu benennen. Wir sind allerdings dazu übergegangen das eher direkt mit den Verantwortlichen als über die Öffentlichkeit auszutragen.

Der 1.FC Kaiserslautern e.V. kratzt ja auch regelmäßig an den Toren zur 1.Liga. Mit ausbleibendem Erfolg des Vereins, könnte auch eine Ausgliederung für euern FCK interessant werden. Gab es hierzu von Vereinsseite schon Bestrebungen oder Ansätze, die bekannt wurden? Wie würdet ihr dem ganzen Vorhaben gegenüberstehen?

Eine Ausgliederung ist beim FCK laut Vorstand aktuell kein Thema, aber sicherlich sind wir immer darauf vorbereitet gegen diese Ausgliederung mit allen Mitteln zu kämpfen. Eine ausgegliederte Profiabteilung wäre nicht mehr der 1. FC Kaiserslautern, den wir lieben. Wir sind stolz darauf, dass wir immer noch im Fritz-Walter-Stadion spielen und unser Verein der 1. FC Kaiserslautern e.V. ist. Wir kämpfen darum dies zu erhalten.
Weiterhin glauben wir nicht, dass eine Ausgliederung direkt einen sportlichen Aufstieg mit sich bringt. Vielmehr muss es dem FCK gelingen sich als Gegenspieler zu den ganzen seelenlosen Kapitalgesellschaften zu positionieren. Das ist einzigartig und somit auch für Sponsoren interessant.

Zum Schluss dürft ihr gerne noch ein „Abschlusswort“ an unsere Leserinnen und Leser richten.

Sicher hoschd du recht wonn du sagschd, dass der´s Annerschwu a g´fallt – awwer annerschwu is annerschd – Un halt net wie in de Palz! 😉

UdH# 105: Betze vs FSV Frankfurt

105coverBevor wir uns am Wochenende beim 598. Wurstmarkt der kühlen Schorle hingeben, gilt es Freitagabend volle Aufmerksamkeit für 90+X Minuten Fußball auf dem Betze aufzubringen. Sicher gibt es attraktivere Gegner und coolere Anstoßzeiten, trotzdem sollte es jede/r irgendwie gemeistert bekommen, sich bis 18:30 Uhr in die Westkurve zu hetzen! Schafft eich nuff!

Argumente für  den Stadionbesuch gibt es derzeit reichlich wie lange nicht: Die Mannschaft zeigt sich in einer ordentlichen Verfassung, wenngleich die Leistung nicht selten Luft nach oben ließ. Zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison zu tolerieren. Ähnlich gestaltet sich das Bild beim Blick in die Kurve: Zu Hause wie auswärts wurden zuletzt gute Auftritte hingelegt. Kein Vergleich zur letzten Saison. Aber auch hier geht mehr, also dran bleiben!

Nun überlassen wir euch der neuen Ausgabe 105 und als Vorgeschmack an dieser Stelle einem Gedankensprung zur Rolle der Ultras im modernen Fußballgeschäft. Gönnt euch!

 

Die Ultrakultur und ihr Platz in der kommerziellen Fußballwelt

Wenn man von modernem Fußball spricht, befindet man sich in einem Zeitraum ab 2000 bis heute. Ein Zeitraum, in der Fußball nicht mehr nur Kultur ist, sondern zum ersten Mal für alle Fußballbegeisterten sichtbar, wirtschaftliche und gewinnorientierte Zwecke erfüllt. Um zu zeigen, dass es sich hierbei nicht nur um eine vage Behauptung handelt, müssen verschiedene Ereignisse dieser Jahre noch einmal aufgezeigt werden.

In der Saison 2000/2001 wurden die Übertragungsrechte des DFB für 385mio EUR/ Jahr an die Kirch-Gruppe verkauft. Dieses Ereignis war sinnbildlich für den enormen Anstieg an Fernsehgeldern und Budgetverteilungen für die Vereine des Profifußballs und zog somit immer mehr Möglichkeiten zur Werbung durch den Fußball in Form von Sponsoring und Vermarktung nach sich. Durch diese Mehreinnahmen war es Fußballvereinen möglich, mehr Geld für gute Fußballspieler und Rahmenbedingungen (Stadien, Stadionumfeld, Nachwuchsarbeit, …) auszugeben.

Mit dem Verkauf von Übertragungsrechten an privatisierte Fernsehsender fand auch zum ersten Mal die Splittung der Spieltage statt, um den Fußball an so viele Fernsehzuschauer wie möglich zu verkaufen. Die Belastungen und Folgen hierdurch für Fans bei z.B. Auswärtsspielen sind ja bekannt. Auffällig hierbei sind die Terminierungen des sogenannten „Top-Spiels“, welches nie gleichzeitig mit anderen Partien samstags und sonntags stattfindet. „Top-Spiele“ sind später und mit eigener Vorberichterstattung angesetzt. Ebenso sind die Partien der 2. Bundesliga früher angesetzt, um dem Zuschauer diese Spiele auch zu zeigen. Die Topmannschaften, egal ob 1. oder 2. Bundesliga, spielen fast nie zur gleichen Zeit. Der Fußball im Fernsehen ist nicht mehr nur der Sport – er ist die absolute Fußball-Show.

Mit den Neubauten und Ausbauten der Fußballspielstätten im Vorfeld der WM2006 in Deutschland wurde ein weiteres Kapitel in der Modernisierung nicht nur des Fußballs, sondern des gesamten Kulturbereichs Sport geschrieben. Riesige Investitionen flossen in neue Stadien und Ausbauten sowie enorme Verbesserungen oder auch Neubauten der Umfelder von Stadien und der Ausbau von Verkehrssystemen zur komfortablen An- und Abreise bei Events in Stadien. Fußballvereine steigerten hierdurch Einnahmen durch Logen und VIP-Bereiche sowie mehr Plätze für Werbung in den Stadien. Ebenso werden Stadien seither nicht nur als Spielorte für Fußball genutzt, sondern auch für z.B. Konzert-Events oder Präsentationen für Automobilhersteller (Vorstellung des Porsche Maccan im Fritz-Walter-Stadion, April 2014). Es zeigt sich also: Man möchte neue Zuschauergruppen ansprechen und für die Vermarktung in Spielstätten einladen. Eine weitere gewichtige Rolle spielt die Namensgebung. Durch die Bautätigkeiten an Stadien nach der Jahrtausendwende sind heute in Deutschland nur noch wenige Vereine übrig, die ihren Stadionnamen nicht vermarktet haben (Kaiserslautern, Bremen, Berlin ,…) – Häufig genannte Beispiele für Stadionvermarktung sind Dortmund (Signal Iduna), München (Allianz), Hamburg (Imtech).

Ein weiterer Meilenstein des modernen Fußballs wurde mit dem Einstieg von Investoren bei den Retortenvereinen Leipzig, Wolfsburg und Hoffenheim gesetzt. Fußballvereine wurden z.B. in GmbHs ausgegliedert und finanziell von Investoren unterstützt. Jüngstes Beispiel hierzu ist die Vermarktung von Red Bull durch Fußballvereine in New York, Brasil, Salzburg und Leipzig. Die Wettbewerbsverzerrung, die hierdurch entsteht wurde in verschiedenen Ausgaben des UdH schon dargestellt und wird mittlerweile auch jedem bekannt sein.

Welche Rolle spielt Ultra und Fankultur in der Welt des modernen Fußballs?

Man könnte nun sagen, dass das ja alles halb so wild sei – immerhin bekommen Vereine durch verstärktes Marketing und Sponsoring ja auch mehr Geld – Und das kann ja nur gut sein? Nein. Spätestens dann, wenn auch der letzte Befürworter des modernen Fußballs Eintrittspreise zahlt, die einem ganzen Tagesgehalt entsprechen, ist die Kettenreaktion des Millionengeschäfts Fußball auch bei ihm angekommen.

Ultra als Subkultur hat sich zum Ziel gesetzt, auf diesen Vorgang aufmerksam zu machen und an der Bereicherung der Fußballkultur lautstark Kritik zu üben. Denn sobald ein Kulturbereich nur noch zu Werbezwecken und Geldmehrung benutzt wird, fällt der eigentliche Aspekt der Kultur weg und nur noch wirtschaftliche Zwecke stehen im Vordergrund. Ultras engagieren sich und haben sich in den vergangenen Jahren in vieler Hinsicht gegen den Verfall der Fankultur und Tradition stark gemacht: Die Mitbestimmung der Fanszene als Mitglieder im Verein ist hierbei sehr wichtig. Im Fall von RB Leipzig ist Mitbestimmung nicht möglich – man möchte sich den Strukturen einer Fanszene entziehen und sieht diese nicht als Bestandteil des zukünftigen Fußballs.

Gestaltung und Mitarbeit in Initiativen wie „Kein Kick vor zwei“, um auf die Ausdehnung der Spieltage nach Vorgaben der Pay-TV-Sender aufmerksam zu machen, sind bisher meistens gelungen. Die Probleme, die diese Ausdehnungen von Freitag bis Montag für Auswärtsfahrer mit sich bringen und die wirtschaftlichen Hintergründe wurden in den vorhergehenden Abschnitten schon angerissen. Einer der bislang größten Schritte der Ultraszene gegen den modernen Fußball ist die Kampagne „Nein zu Red Bull“, die auf das Vorgehen in Leipzig aufmerksam macht. Die Kampagne wurde umfassend in der letzten UdH-Ausgabe (#104) vorgestellt. Bislang hat die Kampagne hohe Aufmerksamkeit gewonnen und wurde in diversen Zeitschriften und Online-Zeitungen publiziert. Organisation in Bündnissen wie z.B. „Pro Fans – ohne uns kein Kick“, die auf verschiedene Probleme, die der moderne Fußball mit sich bringt, aufmerksam und sich für betroffene Fußballfans stark machen, zeigen ebenfalls, inwiefern Fußballfans einen Standpunkt haben und diesen auch nach außen vertreten. Bündnisse unterstützen auch viele Kampagnen und Initiativen, die von verschiedenen Ultragruppierungen gestartet wurden und helfen bei der Verbreitung.

In dieser Welt des modernen Fußballs, in der Sponsoren und Investoren den Sport zur Profitmehrung benutzen, nehmen Ultras die wichtige kritikübende Rolle ein. Mit den in den oberen Abschnitten (Faninitativen, Kampagnen, Vereinsmitgliedschaft) als Beispiel angeführten Möglichkeiten organisieren sich Ultras und Fangruppen, um auf diesen Sachverhalt aufmerksam zu machen und Lösungsansätze zu finden. Für die Zukunft gilt, weiter Kritik an den Modellen der Investoren zu üben und auf diese lautstark aufmerksam zu machen. Fußball muss für jeden auf die gleiche Art und Weise erreichbar bleiben, da er Teil unserer Kultur ist. Fußball ist für uns keine durch Pay-TV künstlich aufbereitete Show oder Plattform zur Werbung und Möglichkeit zur Profitmehrung. Fußball ist Sport und seine Fankultur sollte für kein Geld der Welt käuflich sein!

 

Hier geht es zur kompletten Ausgabe 105!

UdH# 104: Betze vs BTSV

104coverGude Betzefans!

Vier Punkte aus den ersten beiden Saisonspielen und die zweite Runde im Pokal erreicht. So oder so ähnlich lassen sich die ersten drei Pflichtspiele der Roten Teufel zusammenfassen, ehe es heute gegen den Bundesliga-Absteiger aus Braunschweig geht.

Gleich die erste Partie der neuen Saison, gegen die Löwen aus München, beinhaltete alles, was man sich unter “Betze” vorstellt. 3:2 Sieg nach 0:2 Pausenrückstand in Unterzahl und eine Atmosphäre unter Fluchtlicht, welche einfach nur gewaltig und atemberaubend gewesen ist. So muss das sein!

Das erstmals wirkende Stimmungszentrum in den unteren Blöcken der Westkurve hat funktioniert. Auch wenn sicherlich noch nicht alles so geklappt hat, wie man sich das anfangs vorgestellt hat, sind wir auf einem guten Weg. Wir hoffen, dass Ihr uns auch weiterhin auf diesem Weg unterstützt und wir alle gemeinsam die Bastion Betzenberg zukünftig wieder aufleben lassen können!

Nach dem grandiosen Heimsieg gegen die Münchner Löwen gibt es jedoch sportlich weniger erfolgreich weiter. Das 1:1 in Sandhausen fühlte sich eher nach einer Niederlage als nach einem Punktgewinn an. Auch wenn der gut aufgelegte Gästemob das Auswärtsspiel zu einem Heimspiel machte, blieb unserem 1. FC Kaiserslautern e.V. auch in diesem Jahr ein Sieg in Sandhausen verwehrt.

Von beiden Spielen (dem Spiel gegen München als auch gegen Sandhausen) findet ihr in dieser Ausgabe jeweils einen Bericht aus Sicht der Gegner, in dem das Spiel und die Stimmung nochmals Erwähnung finden.

6.000 Lautrer feierten sodann in Wiesbaden den Sieg und den damit verbundenen Einzug in die zweite Pokalrunde. Die schlechte Leistung während den 120 Minuten wurde durch souverän verwandelte Elfmeter unserer Roten Teufel ausgeblendet. „Ä Rund weider un gud is“ – darum geht es ja bekanntlich in der ersten Pokalrunde!

Die 104. Ausgabe unseres Kurvenflyers beinhaltet derweil neben vielen informativen Berichten aus den Kurven und Fanszenen der Welt auch einige interessante Texte, die mit Freude und Spaß zu lesen sind. Unter andrem führten wir ein Interview mit dem Lokal-Rapper „Juses“, der uns Frage und Antwort zu seiner aktuellen EP stand. Ebenso interessant ist der Hoppingbericht aus Schweden, welcher uns einen Blick in den schwedischen Fußball und deren Fanszene bereitstellt.

An dieser Stelle möchten wir Euch auch nochmals darauf hinweisen, wie Ihr die Möglichkeit habt, mit uns in Kontakt zu treten. Nutzt die Chance und sendet uns Eure Texte, Berichte oder Euer Feedback einfach an udh@frenetic-youth.de. Natürlich könnt Ihr uns auch jederzeit im Stadion anquatschen!

Gut aufgestellt ist derweil auch unser Infostand. Es erwarten euch weiterhin die neuen Aufklebermotive sowie die erst kürzlich komplett überarbeitete Buttons-Auflage. Aber auch die aktuellen Fanzines, sowie das übliche andere Repertoire sind an unserem Stand vor der Westkurve zu erwerben. Schaut also vorbei – Es lohnt sich!

Genug der einleitenden Worte. Gebt heute alles. Für unseren 1. FC Kaiserslautern e.V., für die Kurve, für das Team und für die Stadt! 90 Minuten Fußball „uffem Betze“ – was gibt’s Geileres?! Also, Feuer frei!

 

Hier geht es zur kompletten Ausgabe 104!

Juses – EP “Sogenannter Fußballfan”

Am 24.08.2014 veröffentlicht Juses seine erste EP „Sogenannter Fußballfan“. Was euch erwartet hat die Unter die Haut Redaktion vorab für euch herausgefunden.

Ab dem Heimspiel gegen Braunschweig habt ihr die Möglichkeit die EP “Sogenannter Fußballfan” für 5€ an unserem Infostand vor der Westkurve zu erwerben. Greift zu und unterstützt die Subkultur in Lautern.

Alle im Trikot nach Sandhausen!

2014-08-06-mottofahrt-sandhausen

Zum ersten Auswärtsspiel der Saison in Sandhausen (Sonntag, 10. August, 15.30 Uhr), werden zwei Entlastungszüge durch die Deutsche Bahn eingesetzt, die hintereinander fahren und direkt in St.Ilgen-Sandhausen halten werden. Außerdem fahren zahlreiche S-Bahnen und Regionalbahnen mit erhöhter Kapazität. Eintrittskarten für Heimspiele des SV Sandhausen gelten im Gebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar (VRN) gleichzeitig als Fahrkarte für die Hin- und Rückfahrt.

Die Fahrtzeiten gestalten sich wie folgt:

Hinfahrt Zug 1:
Kaiserslautern Hbf    ab    12:24    Uhr
St.Ilgen/Sandhausen    an    13:35    Uhr

Hinfahrt Zug 2:
Kaiserslautern Hbf    ab    12:29    Uhr
St.Ilgen/Sandhausen    an    13:43    Uhr

Ab Bahnhof St.Ilgen/Sandhausen besteht ein Bus-Shuttle zum Hardtwaldstadion

Rückfahrt Zug 1:
St.Ilgen/Sandhausen    ab 18:47 Uhr
Kaiserslautern Hbf    an 20:09 Uhr

Rückfahrt Zug 2:
St.Ilgen/Sandhausen    ab 18:53 Uhr
Kaiserslautern Hbf    an 20:13 Uhr

UdH# 103: Betze vs 1860

103coverNach einer ereignisreichen Sommerpause starten wir in die neue Zweitligaspielzeit. Das UdH# 103 bringt euch auf den aktuellen Stand der Dinge.  Als Vorgeschmack gibt es an dieser Stelle die einleitenden Worte zum “Hier und Jetzt” und das FK Mobi Video zur Saison 2014/ 15. Lasst die Spiele beginnen! Alles auf Anfang!

Nach einer nicht ganz fußballfreien Sommerpause, freuen wir uns, euch endlich wieder im Fritz-Walter-Stadion begrüßen zu dürfen. Auch wenn der ein oder andere unter euch immer noch von der sportlich sehr erfolgreichen Fußballweltmeisterschaft träumen mag, heißt es spätestens ab jetzt wieder Vollgas geben uff’m Betze!

Nach der unter dem Strich schlechten Vorsaison mit der leichtfertig verspielten Chance auf den Aufstieg hat der Verein die Ziele für die nun beginnende Zweitligasaison deutlich runtergeschraubt. Ob dies eine realistische Einschätzung ist, oder eher dem Schutz der eigenen Mannschaft dienen soll, zeigt die Zukunft. Konkret wurde sogar überhaupt kein „Ziel“ ausgegeben; ein Umstand, der im Profifußball zugegebenermaßen eher selten vorkommt, vermutlich aber verdeutlichen soll, dass der neu eingeschlagene Weg wohl auch eine kleine Wundertüte ist.

Besonders erfreulich ist dabei die Tatsache, dass neben den Sommertransfers einige junge Eigengewächse der FCK-Jugendmannschaften die Chance bekommen und sich im Profikader beweisen können. Der heutige Gegner zum Saisonauftakt, der TSV 1860 München, verspricht zudem traditionell ein sportlich interessantes Duell. Womöglich ist das Team der Löwen sogar der erste richtige Gradmesser für unsere neu zusammengestellte, junge Mannschaft. Nach vielen ertraglosen Jahren in Liga 2 befindet sich nämlich auch der TSV 1860 langsam aber sicher wieder auf dem Weg nach oben; jedenfalls lässt sich das aus neutraler Sicht zumindest erahnen.

Doch kommen wir nun zur ersten Ausgabe der Saison 2014/15: die Zeit zur Recherche wurde intensiv genutzt und somit können wir euch eine umfangreiche Ausgabe präsentieren, welche viele interessante Themengebiete beinhaltet.
Neben den fast schon traditionellen Rückblicken auf die Sommerpause, werfen wir aus verschiedenen Sichtweisen einen Blick auf die kommende Spielzeit und wie gewohnt versorgen euch die „Short News“ über die aktuell relevanten Fanthemen in anderen Ländern, Städten und Vereinen.

Gleich zu Saisonbeginn also ein Montagsspiel; welch eine Überraschung! Dass wir Fans uns weiterhin nicht mit den fanunfreundlichen Anstoßzeiten anfreunden werden, ist ganz klar. In dieser Ausgabe findet ihr deshalb u. A. eine Stellungnahme vom Bündnis ProFans, welches sich zum Ziel gesetzt hat, in der neuen Saison den Fokus wieder verstärkt auf fangerechte Anstoßzeiten zu legen.

Doch nun genug der warmen Worte; lasst uns gemeinsam zum bestmöglichen Saisonauftakt beitragen und unsere Mannschaft zum ersten Sieg der neuen Spielzeit schreien. Jetzt zählen nur noch der 1. FC Kaiserslautern e.V., die Westkurve und ein gemeinsames, lautstarkes Auftreten.

Auf eine geile und (hoffentlich) erfolgreiche Saison!

 

DASDING vor Ort: “FCK Fanprojekt vor dem Aus?”

Die öffentliche Forderung der FCK Fans nach mehr Mitteln für das  Fanprojekt Kaiserslautern zog erste Medien-Aufmerksamkeit auf sich. DASDING war vor Ort und sprach nicht nur mit den Fanprojekt Mitarbeitern, sondern auch Mitgliedern der Fanszene…

Wenn es schlecht läuft, macht das Fanprojekt des 1. FC Kaiserslautern zum Ende des Jahres zu. Die Schuld geben die Macher auch der Stadt. Aufgegeben haben sie allerdings noch lange nicht.

Das Fanprojekt hat von der Koordinationsstelle für deutsche Fanprojekte kein Qualitätssiegel erhalten. Das Siegel ist aber wichtig, damit das Projekt weiter Geld bekommt. FCK Fans und die Projektmacher wollen es soweit nicht kommen lassen.

Sie fordern von der Stadt Kaiserslautern und vom Land: Mehr Geld und vor allem größere Räume. Die Räume an der Pariser Straße sind so klein, das für große Veranstaltungen gar kein Platz ist. Wir haben mit FCK Fans über das Projekt gesprochen und die Macher gefragt, wie sie das Aus verhindern wollen. Die Facebook-Seite mit allen Infos: facebook.com/fanprojektkaiserslautern

„Glory, Fellowship, Community“

(Ulle, B.B. 97/06) „Ich bin ein Lokalpatriot“. Mit diesen Worten begrüßt mich Cameron mit breitem Grinsen in der Elysian Brewery, einem geräumigen Pub in Capitol Hill, dem wohl angesagtesten Stadtteil Seattles. Obwohl er es in seiner letzten SMS angekündigt hatte, überrascht es mich doch ein wenig, dass mir der 1979 geborene, stämmige und mit trendsicherer Frisur auftretende Ultra der Seattle Sounders in einem Originaltrikot des FC Chelsea gegenübersitzt. Ich bohre etwas nach und erfahre, dass die Männer in seiner Familie schon vor ihm Anhänger der Mannschaft von der Stamford Bridge in London gewesen seien. Man suche es sich halt nicht aus. Richtig, denke ich. Wir bestellen lokales Bier, er ordert ein veganes Sandwich und überreicht mir ein kleines Geschenk – den neuesten Schal seiner Gruppe.

2_AuswahlCameron ist führendes Mitglied des Gorilla FC (GFC), eines „Seattle Sounders FC Supporters Collective“, einer aktiven Fangruppierung also des seit 2009 in der amerikanischen Profiliga MLS spielenden Fußballclubs aus der Stadt des Grunge, des Regens und des Kaffees in der nordwestlichsten Ecke der Vereinigten Staaten. Nachdem seine Fußballbegeisterung 1994 durch die in den USA stattfindende Weltmeisterschaft geweckt worden war, besuchte Cameron um 2004 herum zum ersten Mal ein Spiel der damals noch unterklassig kickenden Sounders. Seattle schlug Kansas City nach Elfmeterschießen und hatte einen Fan mehr. Nach der Umstrukturierung der Sounders in ein MLS-Team 2007 und mit Beginn der ersten Profisaison des Clubs in der MLS, gründete eine kleine ca. 15-köpfige Gruppe den GFC. Ziel war es, die Mannschaft in der Profiliga aktiv zu unterstützen.

Die Truppe hatte sich vorher bei regelmäßigen Freizeitkicks kennengelernt und ihre Mitglieder definierten sich von Anfang an nicht nur als reine Fußballfans, sondern auch als politisch links denkende und auftretende Gruppe. Man folgte dabei ausdrücklich dem Beispiel der Ultras St. Pauli, nachdem ein Mitglied von einer Reise nach Hamburg zurückgekehrt war. Die Prinzipien des GFC waren schnell formuliert: Community (=Gemeinschaft), Fellowship (=Kameradschaft, Mitgliedschaft), Glory (=Ehre). Angesprochen auf diese recht altertümlich anmutenden Grundsätze der Gruppe, führt Cameron aus, dass sich alle drei vor allem auf Verein, Stadt und Region beziehen und gerade heute weiterhin relevant seien. „Gemeinschaft“ umschreibe das Ziel der Anhänger, hilfebedürftige und ohne eigenes Verschulden in Not geratene Menschen zu unterstützen. Es sei schon mehrfach gelungen durch eigens organisierte Spendenaufrufe und entsprechende Aktionen Gelder zu sammeln, die dann wohltätigen Zwecken in Seattle zugeführt werden konnten. Es ginge nicht nur um Fußball und die Gruppe allein, sondern auch darum der Region, aus der man stamme, etwas zurückzugeben; nicht nur darum, auf soziale Missstände aufmerksam zu machen, sondern sie auch aktiv zu bekämpfen. Dementsprechend positioniert sich der GFC als klar antirassistische, antisexistische und antihomophobe Gruppe, die bspw. mit eigenen, bunten Fahnen bei „Pride“-Märschen durch Seattle mitläuft und im Stadion, als der Antifa nahestehendes Kollektiv, durch antifaschistische Spruchbanner und ähnliches auf sich aufmerksam macht. Zwar sei Seattle eine „ziemlich weiße Stadt“, was jedoch nicht verhindern würde, dass sich in den Reihen des GFC Mitglieder mit Migrationshintergrund finden. Man habe u.a. Mitstreiter aus Chile, Australien und Israel und pflege gute Kontakte zu einer politisch identisch ausgerichteten lateinamerikanischen Untergruppe einer weiteren, größeren Fangruppierung (der ECS; siehe unten). Auch Frauen sind in der Gruppe zahlreich vertreten und zeigen im eigenen Stadionblock in den vordersten Reihen stark Präsenz. Des Weiteren, fügt Cameron hinzu, pflegten die Mitglieder des GFC sehr gemeinschaftliche Kontakte nicht nur untereinander und mit Menschen aus ihrer Region, sondern ebenfalls mit den Profis der Sounders. Insbesondere über Dienste wie Twitter halten die Mitglieder Kontakt mit den Spielern und laden sie zu gemeinsamen Abenden und Preisverleihungen („Gorilla FC – Spieler der Saison“) in ihre Bar ein. „Fellowship“, so Cameron, bezieht sich allein darauf, gemeinsam alles für das Team zu geben („It’s all about the team“.). Aber was hat es mit der Ehre auf sich? Hier muss Cameron lachen: „Nun ja, letzten Endes geht es ja doch primär darum jedes Spiel zu gewinnen“. Wer siegt, häuft Ehre an. Und Siege bereiten nun einmal mehr Spaß als Niederlagen. Ganz einfach. Er fasst die GFC-Philosophie folgendermaßen zusammen: „It’s all about having fun, supporting our team, and supporting our community“.

Wie in den meisten deutschen Fanszenen auch, stellt der GFC nur eine Gruppe neben vielen größeren und kleineren Fanclubs ein und desselben Vereins dar. Die mit Abstand größte, im Stadion sichtbarste und wohl auch einflussreichste „Supporter-Gruppe“ sind die Emerald City Supporters (ECS), ein schon 2005 ins Leben gerufenes Kollektiv mit mittlerweile gut 3700 Mitgliedern. Während jedoch beim GFC weltanschauliche Inhalte betont werden und Voraussetzung für das Mitmachen und die Identität der Gruppe sind, betonen die ECS eher die Spielbezogenheit ihrer Aktivitäten, obwohl auch sie vom Rufen rassistischer, sexistischer oder Minderheiten diskriminierender Inhalte in ihrer Kurve abraten. Ich hake bei Cameron nach, inwiefern es auch zu Spannungen zwischen den Gruppen kommen kann und bekomme als Antwort, dass es durchaus Probleme gäbe, gerade mit den ECS. Letztere betonten häufig, so Cameron, dass sie die Spendenaktionen des GFC als nicht wirklich zum Fußball dazugehörig in Frage stellen würden. Hier wird mein Gesprächspartner schnell politisch: Die ECS wären halt nur Seattle-typisch „durchschnittlich mitte-links“, während der GFC idealistischer eingestellt sei. Man toleriere sich zwar gegenseitig, stehe aber im Stadion in getrennten Blöcken und mache jeweils sein eigenes Ding.

Wir bleiben beim Thema Fangruppen und deren Beziehungen zueinander. Auch in den USA existieren auf Fanclubebene vereinzelt Freundschaften, aber vor allem regionale Rivalitäten. Als Seattles ärgste Widersacher nennt Cameron wie aus der Kanone geschossen die Fans der nordamerikanischen Westküsten-Teams aus Vancouver, Portland und San Jose. Im Umfeld eines Spiels wäre einer Fangruppe der Earthquake aus San Jose durch einen Sounders-Ultra sogar schon einmal ein Gruppenbanner gezogen worden, berichtet Cameron. Allerdings sei dies eine spontane Ausnahme gewesen. Ich frage ob Gewalt ein Faktor bei den US-Fußballfans wäre und Cameron führt aus, dass Gewalt im US-Fußball so gut wie gar keine Rolle spiele. „Ich habe noch nie etwas von Massenausschreitungen bei oder im Zusammenhang mit US-Ligaspielen gehört“, so Cameron. Allerdings sei die MLS mehr und mehr besorgt über die Unberechenbarkeit der immer weiter Zulauf erhaltenden Fangruppen, welche gerade zu Derbys in größeren Scharen anreisen. Bei einem Auswärtsspiel der Sounders in Portland wären nun plötzlich wesentlich mehr Polizeikräfte vor Ort, berichtet Cameron, und die Fans sähen sich verstärkt gängelnden Maßnahmen ausgesetzt. So müssten beispielsweise Gästefans aus Seattle zwei Stunden vor Anpfiff in ihrem Block im Stadion Portlands sein. Dabei distanziere man sich, gerade auch als aktive Fans in offiziellen Statements und auch informell innerhalb der Gruppen von jeglicher Form der verbalen und physischen Gewalt. Also keine Hooligans in den USA? Cameron zögert kurz mit der Antwort, um dann auf ein Gerücht zu verweisen, das besagt, dass es eine geheime ECS-Hooligangruppierung geben soll. Ansonsten basierten die Rivalitäten, auch die besonders intensiv gepflegte mit den Timbers aus Portland, prinzipiell auf „großen Tönen“ und weniger „auf Taten“. Letzten Endes müsse man auch mit den sportlichen Rivalen aus den kleineren, weniger kommerzialisiert auftretenden Städten vereint gegen die „media big shots“ aus Los Angeles (Galaxy) und New York (Red Bulls) bestehen. Was also die verschiedenen Fanszenen aus Vancouver, Seattle, Portland, San Jose, oder auch Colorado und Kansas City eine, sei der Kampf gegen die Kommerzialisierung des nordamerikanischen Profifußballs. So richtig befreundet sei der GFC jedoch nur mit einer Gruppierung aus Kansas City und, zunächst zu meiner starken Verwunderung, mit einzelnen kleineren Gruppen aus Vancouver. Dass man dicke sein könne mit Anhängern der eigentlich abzulehnenden Whitecaps aus Kanadas Metropole auf der anderen Seite der US-Kanada-Grenze, sei nun einmal der Vorteil einer kleinen unabhängigen Fangruppierung.

4_AuswahlCameron selbst trat dem GFC 2010 bei. Der in Seattle geborene Anwalt passte hervorragend in das stetig wachsende und mittlerweile gut 300 MitgliederInnen (Stand: April 2013) umfassende Kollektiv. Nach dem Geschichts- und Politikstudium in Kalifornien Anfang der 2000er Jahre, kehrte er in seine Heimatstadt zurück, wo er 2006 seinen Juraabschluss machte und anschließend für zwei Jahre in einer Kanzlei arbeitete. Seinen Arbeitsschwerpunkt legte er dabei darauf, sozialen Bewegungen, Protestierern und Opfern von Polizeiwillkür eine Stimme vor dem Gesetz zu geben. Politisiert durch die Ausschreitungen anlässlich des Gipfeltreffens der Welthandelsorganisation (WTO) in Seattle 1999, so Cameron, und durch die auf den 11. September 2001 folgenden Innere-Sicherheit-Maßnahmen der Bush-Administration, die die individuellen Freiheiten des Einzelnen immer stärker einengten und staatlicher Willkür Tür und Tor öffneten, verschrieb sich der Fußballfan voll und ganz Belangen sozialer Gerechtigkeit. Nebenher arbeitete er stets für eine lokale Radiostation und ist auch heute noch jeden Montag Abend Radio-DJ eines Radioprogramms, das dem Punkrock und der dazugehörigen Szene, insbesondere in Seattle, gewidmet ist. Hauptberuflich arbeitet er nun wieder in einer Anwaltskanzlei. Seiner eigenen, die er gemeinsam mit einem befreundeten Kollegen betreibt. Auch der Rapper Macklemore gehört zu seinen Klienten.

Ich frage Cameron, ob er jemals damit Probleme gehabt hätte, sein Dasein als engagierter Fußballfan mit Privatem in Einklang zu bringen, was er lachend verneint: „Ich musste nie irgendwelche Kompromisse eingehen und lade sogar Frauen zu Dates ins Stadion ein“. Auch dass er aus einer sportbegeisterten Familie stamme, die für seine Leidenschaft immer Verständnis hatte, hätte es ihm einfach gemacht. Somit sind auch Auswärtsfahrten kein Problem für ihn und gehören zum Standardprogramm des GFC im Besonderen und der Fanszene in Seattle im Allgemeinen. Während „Ground Hopping“ außerhalb der USA und Kanadas eher nicht stattfinde, organisiert der GFC durchaus Busfahrten zu Spielen in Vancouver, Portland und San Jose. 2012 reiste man zu zehnt sogar in das fast 4000km entfernte Montreal, um die Sounders gegen die Impact anfeuern zu können. Auch die ECS organisieren für ihre Mitglieder Fahrten bzw. Flüge zu Spielen, selbst wenn das Ziel an der tausende von Kilometern entfernten Ostküste liegt. Spiele an der Westküste sind sehr beliebt bei Sounders-Anhängern, sodass man ohne Probleme das von der Liga festgesetzte Gästefans-Limit von 750 Personen in Portland erreichte. Nach San Jose in Kalifornien begleiteten die Mannschaft immerhin 200 Schlachtenbummler, so Cameron.

Ich spreche den Stellenwert der Sounders in Seattle an und ob es nicht schwierig sei, in einer solch sportbegeisterten US-Stadt Fußballfan zu sein? Cameron schüttelt den Kopf. Natürlich seien in den USA Football, Baseball und Basketball beliebtere Sportarten – in manchen Regionen auch Eishockey. Aber in Seattle habe der Fußball einfach seine Nische gefunden, da es keine wirklichen Überschneidungen zwischen den verschiedenen Fanvölkern gäbe und somit keine Konkurrenz von Seiten der Seahawks (Football) oder der Mariners (Baseball) drohe. Er selbst sei glühender Seahawks-Fan. Es wäre jedoch schon einmal vorgekommen, dass er im Stadion bei einem Footballspiel von den, selbst in Seattle eher politisch rechts gesinnten, Footballfans dafür angebrüllt worden sei, dass er ein Obama-T-Shirt getragen hätte.

Wir verabreden uns für den anstehenden Spieltag, das Heimspiel der Sounders gegen Houston, und bevor ich mich vorerst von Cameron verabschiede, frage ich ihn noch nach Christian Tiffert, den ehemaligen FCK-Kapitän, der von 2012 bis 2013 eine Saison bei den Sounders spielte, bevor sein Vertrag wieder aufgelöst wurde und es ihn in die zweite Bundesliga zum VfL Bochum zurückzog. Cameron zögert nicht lange: „Er wurde einfach nicht auf der richtigen Position eingesetzt. Ich war nicht gerade begeistert davon, dass uns solch ein veranlagter Spieler schon so bald wieder verlassen musste. Man sah gleich von Anfang an, dass er allen anderen Spielern im Team einen Schritt voraus war“. Ach, Tiffy.

Seattle Sounders – New England Revolution 0:0
Samstag, 13.04.2013, 13h
38323 Zuschauer (??? Gästefans), CenturyLink Field
Seattle, WA, USA

3_AuswahlAm Samstag, ein paar Tage später, holt mich Cameron um 10 Uhr morgens mit seinem Auto ab. Auf Seattles Straßen ist noch nicht viel los, sodass wir schnell in einem der Parkhäuser am CenturyLink Field (davor Qwest Field, 2004-2011; davor Seahawks Stadium, 2002-2004) zum Stehen kommen. Die Parkhausangestellten kennen Cameron schon, grüßen und lassen uns ohne Zahlung durch. Ich helfe ihm dabei, einen Sack mit Fahnenstangen zum Haupthintereingang des Stadions zu schleppen. Dort wartet schon ein weibliches GFC-Mitglied. Sie und Cameron sind heute allein dafür verantwortlich, dass zu Spielbeginn das Gruppenbanner hängt und die Fahnen im Block einsatzbereit sind. Zunächst heißt es jedoch einmal warten. Wir werden nicht durchgelassen. Da mal wieder eine neue Sicherheitsfirma von den Stadionbetreibern angeheuert worden ist, wirken dieses Mal keine persönlichen Bekanntschaften als Türöffner und wir werden, zwar höflich aber dennoch bestimmt, zum Warten aufgefordert. Gut 20 Minuten passiert gar nichts. Immerhin entschuldigt sich der Koordinator der Sicherheitsleute für die Verzögerung. Noch zwei Stunden bis Anpfiff.

8_AuswahlIrgendwann taucht dann doch jemand auf, um uns durch die Katakomben zur Supporters-Kurve hinter einem der beiden Tore zu geleiten. Scheinbar hat man uns das nicht alleine zugetraut. In ihren Blöcken sind schon drei VertreterInnen der ECS damit beschäftigt, ihre Banner aufzuhängen und die Kurve spielfertig zu machen. Es gibt keine Begrüßung, kein Händeschütteln. Jede Gruppe bleibt auch schon vor dem Spiel für sich. Nachdem alles vorbereitet und ein paar Bilder gemacht sind, verlassen wir das Stadion wieder, um an einem von der ECS organisierten Marsch vom historischen Ursprung Seattles zum Stadion teilzunehmen. Dieser findet vor jedem Heimspiel statt. Vorher geht es jedoch auf ein paar Biere in einen stadionnahen Pub. Der Marsch ist dann beeindruckender als ich dachte. An die 1000 Soundersanhänger ziehen laut singend, fahnenschwenkend, doppelhalterhaltend und schaldrehend zum CenturyLink Field. Auf dem Weg gesellen sich immer mehr Fans hinzu. Im Stadion bin ich dann zunächst etwas überrascht, denn Cameron steht nicht mit den anderen GFC-Mitgliedern im vorher noch vorbereiteten Block rechts hinter dem Tor, sondern hat eine Dauerkarte für die Haupttribüne, wo er die Spiele mit seinem Vater verfolgt. Nun gut. Ich habe mir eine Karte ca. 10 Reihen hinter dem GFC besorgt, mit einen sehr feinen Blick auf die gesamte Fanszene. Noch bevor die Spieler den Platz betreten, machen die ECS, angepeitscht durch einen mit Mikrofon ausgestatteten Vorsänger, direkt hinter dem Tor ordentlich Dampf. Kurz vor Anpfiff gibt es eine saubere Schalparade und dann mit dem Spielbeginn das auch vom Betzenberg bekannte, langsam schneller werdende Einklatschen („Bumm-Bumm-Klatsch“). Bei Spielbeginn sehe ich ein paar Reihen vor mir noch einige GFC-Fahnen, die geschwenkt werden. Allerdings nur für kurze Zeit. Dann, zu meinem Unverständnis, passiert in diesem Block bis zum Abpfiff gar nichts mehr. Links daneben geht die gut 1500 bis 2000 Personen starke ECS ordentlich ab. Trotz eines grottenschlechten, torlosen Kicks wird zwei Halbzeiten hindurch abgegangen. 10-15 große Schwenkfahnen in den Soundersfarben Grün und Blau kommen permanent zum Einsatz. Doppelhalter und Schals vollenden ein wirklich ansehnliches Bild. Es gibt zwei Hüpfeinlagen, an denen sich fast die ganze Kurve beteiligt. Zur zweiten Halbzeit übernimmt eine junge Frau das Capo-Mikrofon und steht ihrem Vorgänger in nichts nach. Vom Spiel enttäuscht, von der Leistung auf den Rängen jedoch beeindruckt, treffe ich Cameron nach den 90 Minuten wieder im GFC-Block zum Aufräumen. Auf meine Frage nach den Gründen für die Inaktivität seiner Gruppe während des Spiels, antwortet er: „Wir schwenken nicht gerne auf Kommando der ECS. Wir machen unser eigenes Ding. Vielleicht hatten sie heute deshalb keinen Bock“?

Wir lassen den Tag in einer weiteren Bar bei Pizza und Bier ausklingen. Ein weiteres GFC-Mitglied, das sich nach dem Spiel zu uns gesellte, steht irgendwann, ohne sich zu verabschieden auf und verlässt die Bar. Als er nach einer Weile zurückkommt, trägt er ein altes Kaiserslautern-Trikot. „Ist das einzige Trikot, das ich neben meinen Sounders-Trikots habe“. Ein Zufall. Er hat es vor Jahren in einem Second-Hand-Shop am Stadion erstanden. Wir machen ein Bild zusammen und ich gebe ihm ein Bier aus. Die Fankultur in den Vereinigten Staaten mag noch in den Kinderschuhen stecken. In Seattle kommt sie mir dann doch schon sehr vertraut vor.

Ulle, B.B. 97/06

Vielen Dank an Ulle für die Bereitstellung dieses Beitrags! Auf dem Blog unserer Freunde von der Berliner Bagaasch findet ihr viele weitere lesenwerte Artikel: http://berlinerbagaasch.de/!