UdH# 103: Betze vs 1860

103coverNach einer ereignisreichen Sommerpause starten wir in die neue Zweitligaspielzeit. Das UdH# 103 bringt euch auf den aktuellen Stand der Dinge.  Als Vorgeschmack gibt es an dieser Stelle die einleitenden Worte zum “Hier und Jetzt” und das FK Mobi Video zur Saison 2014/ 15. Lasst die Spiele beginnen! Alles auf Anfang!

Nach einer nicht ganz fußballfreien Sommerpause, freuen wir uns, euch endlich wieder im Fritz-Walter-Stadion begrüßen zu dürfen. Auch wenn der ein oder andere unter euch immer noch von der sportlich sehr erfolgreichen Fußballweltmeisterschaft träumen mag, heißt es spätestens ab jetzt wieder Vollgas geben uff’m Betze!

Nach der unter dem Strich schlechten Vorsaison mit der leichtfertig verspielten Chance auf den Aufstieg hat der Verein die Ziele für die nun beginnende Zweitligasaison deutlich runtergeschraubt. Ob dies eine realistische Einschätzung ist, oder eher dem Schutz der eigenen Mannschaft dienen soll, zeigt die Zukunft. Konkret wurde sogar überhaupt kein „Ziel“ ausgegeben; ein Umstand, der im Profifußball zugegebenermaßen eher selten vorkommt, vermutlich aber verdeutlichen soll, dass der neu eingeschlagene Weg wohl auch eine kleine Wundertüte ist.

Besonders erfreulich ist dabei die Tatsache, dass neben den Sommertransfers einige junge Eigengewächse der FCK-Jugendmannschaften die Chance bekommen und sich im Profikader beweisen können. Der heutige Gegner zum Saisonauftakt, der TSV 1860 München, verspricht zudem traditionell ein sportlich interessantes Duell. Womöglich ist das Team der Löwen sogar der erste richtige Gradmesser für unsere neu zusammengestellte, junge Mannschaft. Nach vielen ertraglosen Jahren in Liga 2 befindet sich nämlich auch der TSV 1860 langsam aber sicher wieder auf dem Weg nach oben; jedenfalls lässt sich das aus neutraler Sicht zumindest erahnen.

Doch kommen wir nun zur ersten Ausgabe der Saison 2014/15: die Zeit zur Recherche wurde intensiv genutzt und somit können wir euch eine umfangreiche Ausgabe präsentieren, welche viele interessante Themengebiete beinhaltet.
Neben den fast schon traditionellen Rückblicken auf die Sommerpause, werfen wir aus verschiedenen Sichtweisen einen Blick auf die kommende Spielzeit und wie gewohnt versorgen euch die „Short News“ über die aktuell relevanten Fanthemen in anderen Ländern, Städten und Vereinen.

Gleich zu Saisonbeginn also ein Montagsspiel; welch eine Überraschung! Dass wir Fans uns weiterhin nicht mit den fanunfreundlichen Anstoßzeiten anfreunden werden, ist ganz klar. In dieser Ausgabe findet ihr deshalb u. A. eine Stellungnahme vom Bündnis ProFans, welches sich zum Ziel gesetzt hat, in der neuen Saison den Fokus wieder verstärkt auf fangerechte Anstoßzeiten zu legen.

Doch nun genug der warmen Worte; lasst uns gemeinsam zum bestmöglichen Saisonauftakt beitragen und unsere Mannschaft zum ersten Sieg der neuen Spielzeit schreien. Jetzt zählen nur noch der 1. FC Kaiserslautern e.V., die Westkurve und ein gemeinsames, lautstarkes Auftreten.

Auf eine geile und (hoffentlich) erfolgreiche Saison!

 

Was ist los im Land des Fußballs?

brasiliencoverAm kommenden Samstag, den 24. Mai richtet das Fanprojekt im Anschluss an das letzte Saisonspiel unserer Amateure (Anstoß um 14.00 Uhr im Fritz-Walter-Stadion) im Bahnheim eine Veranstaltung aus unter dem Motto “Brasilien 2014: Was ist los im Land des Fußballs?”. Teil des bunten Programms ist auch eine Gesprächsrunde, an der unter anderem Frenetic Youth Mitglied Marcel teilnehmen wird. Der junge Mann dürfte dem geneigten UdH Blog Leser dank seiner aktuellen Brasilien-Reihe inzwischen bestens bekannt sein. Nicht nur aus diesem Grund möchten wir für die Veranstaltung und das Fanprojekt Kaiserslautern Werbung betreiben. Nutzt das Angebot und belohnt die starke Arbeit der Fanprojekt Mitarbeiter mit eurem Erscheinen!

Das “Unter die Haut” Team hat den Anlass genutzt und die drei Blog Beiträge des “Brasilien Spezial” als Sonderausgabe in ein kompaktes PDF-Format gebracht. Spätestens jetzt kommt keiner mehr umher, sich das Werk zu gönnen. Viel Spaß dabei und bis Samstag!

Gut zwei Wochen vor dem Anpfiff zur WM rücken die Geschehnisse im Land des fünffachen Fußball-Weltmeisters immer stärker in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Aus der Perspektive einer Austragungsstadt der WM 2006 will das Fanprojekt Kaiserslautern daher, in Zusammenarbeit mit der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt von Engagement Global gGmbH, einen Blick auf die brasilianische Gesellschaft, Fankultur, und die aktuellen Geschehnisse vor Ort werfen.

Die Veranstaltung mit dem Titel „Brasilien 2014: Was ist los im Land des Fußballs?“ findet am Samstag, 24. Mai 2014, im Lautrer Wirtshaus im Bahnheim (Bahnheim 17C, 67663 Kaiserslautern) statt.

Am Beispiel des brasilianischen Kampfsports Capoeira soll zunächst ein Einblick in die Geschichte von Rassismus und Sport in Brasilien gewonnen werden. Gezeigt wird eine Capoeira-Liveshow, moderiert von Lila Sax dos Santos Gomes, mehrfache Deutschland- und Europameisterin und Weltmeisterin des Jahres 2009 in ihrer Kategorie. Sie wird während der Capoeira-Show über Capoeira als afro-brasilianische Kunstform, die sich aus ihrer langjährigen Unterdrückung befreit hat und Teil der brasilianischen Identität geworden ist, berichten.

Anschließend werden Nicole Selmer, Mitautorin des Fanguides zur WM 2014, und Carolin Nagy, die für verschiedene entwicklungspolitische Projekte in Brasilien tätig war, zur Fankultur und den Rahmenbedingungen vor Ort im Vorfeld der Weltmeisterschaft berichten. Beide haben Brasilien kürzlich besucht und können somit hautnah von ihren Eindrücken erzählen. Wie stehen die Brasilianer zur WM und zur FIFA? Wird es während der WM erneut Großdemonstrationen geben? Welchen Einfluss hat die WM auf die brasilianische Fußballkultur? Wie nachhaltig sind die Investitionen in die Infrastruktur?

Zu diesen und weiteren Fragen soll zusammen mit Marcel, Mitglied der Lauterer Ultra-Szene und einige Zeit in Brasilien mit den “Torcidas” von ABC Natal bei Heim- und Auswärtsspielen unterwegs, diskutiert werden. Das Programm wird von Brigitte Rottberg, ehemalige Fachbereichsleiterin Logistik im WM-Büro der Stadt Kaiserslautern und seit 2008 Kommunalberaterin im Host City Programm zur WM Südafrika 2010 und Brasilien 2014, und Stefan Michels, Mitarbeiter des Fanprojekts Kaiserslautern, moderiert.

Die Veranstaltung beginnt um 16.30 Uhr. Für Essen und Getränke ist gesorgt. Anmeldungen bitte bis zum 20. Mai 2014 beim Fanprojekt Kaiserslautern per E-Mail unter: awo_fanprojekt_kl@gmx.de.

Brasilien Spezial – Teil 3

Nach zwei bereits spannend zu lesenden Parts kommen wir nun zum “Grand Final” unserer Brasilien-Reihe. Der Gringo hat sich ein weiteres Mal ins Zeug gelegt, um euch interessante Einblicke in die Welt der Torcidas zu eröffnen. Dieses Mal kommt mit Christiano sogar der Präsident der Torcida Garra Alvinegra vom ABC Futebol Clube Natal zu Wort – OBRIGADO pela sua contribuição! É uma honra! Das Teilen dieser wertvollen und stellenweise persönlichen Erfahrungen, verdient Dank und Respekt. Nehmt euch also gerne die Zeit und lest zunächst Teil 1 und Teil 2, bevor ihr die Trilogie abschließt. Viel Spaß dabei!

 

(Marcello) Hm, wie sollte ich den letzten, für mich persönlich interessantesten Teil anfangen? Laaaaaange hab ich mir diese Frage gestellt, um dann mit der wohl logischen Frage „Was sind eigentlich Torcidas?“ zu beginnen. Zunächst einmal möchte ich als erstes betonen, dass es genauso undifferenziert wäre, Torcidas als Ultras bezeichnen, wie die Betitelung von Ultras als Hooligans. Allerdings weisen beide Anhängerkulturen (also Torcidas und Ultras) klare Parallelen zueinander auf.
Da sich dieser dritte Teil um aber „Garra Alvinegra“ drehen soll, folgt nun ein kurzer, aber wesentlicher Exkurs:

IMG_4113„Torcida“ bezeichnet – wie im Portugiesischen üblich – nur sehr unpräzise etwas, nämlich einen Anhänger. Das Wort stammt vom Verb „torcer“ und heißt frei übersetzt so viel wie durchdrehen.
Aber egal, wer ins Stadion geht, er ist Anhänger des Vereins und das unabhängig davon wie und mit welcher Absicht er ins Stadion geht, er ist Torcedor/Torcida. Die Gruppen in Brasilien werden als „Torcida organizadas“ bezeichnet, was nichts weiter als „Anhängerorganisation“ heißt. Der Grund für diesen einfachen Ausdruck ist genauso simpel wie er selbst: Diese Kultur ist eine rein brasilianische – Es gibt logischerweise Parallelen zur Ultrakultur und den Barras in Argentinien, aber in den 1960ern war es schlicht und ergreifend einfach nicht möglich, sich großartig etwas „abzuschauen“ – noch weniger als damals in Deutschland (Wo an die Ultrabewegung ja noch gar nicht zu denken war). Dies hat dementsprechend zur Folge, dass viele Gruppen schon sehr alt sind. Die wahrscheinlich älteste Gruppe des Landes ist „Jovem Fla“ („Flamengo Youth“), welche 1967 gegründet wurde. (An dieser Stelle ein Gruß an unsere Freunde aus Rio und weiterhin die Forderung ultras.ws abzuschaffen!) Allerdings gab es schon in den 1940er Jahren (!!!), erste Zusammenschlüsse von Torcidas, um den Stadionbesuch zu einem noch größeren Erlebnis zu machen – Sei es durch Fahnen, Konfetti und organisierte Fangesänge.
Die Intention dabei ähnelt der der Ultrabewegung sehr: Seinen geliebten Verein organisierter, lauter, bunter und kreativer zu unterstützen.

Ohne zu weit ausholen zu wollen: Im Stil unterscheiden sich die Torcidas meist schon eher von den Ultras in Europa. In Brasilien ist es nicht Anspruch, 90 Minuten im Stadion zu singen, sondern Konvention. Dies hängt mit der Auffassung zusammen, dass die Mannschaft immer unterstützt werden muss, um seinen Teil zum Sieg beizutragen. Dies gilt auch, wenn man mit der Leistung der Spieler oder generell mit dem Präsidium nicht zufrieden ist – Proteste werden meist in der Halbzeit „ausgetragen“ oder anderweitig geäußert.

IMG_4117Normalerweise hat jede Torcida organizada ein eigenes Maskottchen, das sich meist an das Wappentier des Vereins anlehnt. Dieses wird dann mit Gruppenlogo, Vereinsfarben und dicken Muskelbergen versehen. Garra Alvinegra stellt hier allerdings eine Ausnahme da – Hier ist es nämlich die Fledermaus, obwohl das Vereinstier ein Elefant ist. Fahnen gehören in Brasilien weniger dazu als bei uns. Diese sind meist sehr schlicht gehalten und relativ groß, was auch für die Zaunfahnen gilt. Wenn man im Ultrá-Jargon bleiben möchte, könnte man vom „Vecchio-Stile“ sprechen.

Eine Besonderheit gegenüber vielen Ultragruppen ist die strenge Hierarchie: Es gibt einen Präsidenten, Vize und Schatzmeister. In einigen organizadas werden diese sogar bezahlt, das war und ist in Natal aber nicht der Fall.

Bevor ich nun zum „ganz Wesentlichen“ übergehe, möchte ich noch kurz auf den Punkt „der Gewalt“ eingehen. Viele Torcidagruppen haben eigene Kampfsportsektionen, in denen Thaiboxen, MMA und Judo gelehrt werden, meist auch in den eigenen Räumlichkeiten. Dementsprechend sind die Mitglieder der Gruppen robust aufgestellt und wenig gehemmt, Gewalt anzuwenden. Bei der heftig agierenden Polizei in Brasilien (siehe Teil 1), entsteht so natürlich eine miese Abwärtsspirale.

IMG_4105Nun aber zu „Garra Alvinegra“. Der Name bedeutet „Schwarz-weiße Gang“ und gegründet wurde die Gruppe 1991 als „Gang Alvinegra“– Kurioserweise also noch eine relativ junge torcida organizada. Wie eben erwähnt ist das Maskottchen der Gruppe eine Fledermaus – weil sich diese immer im alten Stadion von ABC herumtrieben, wenn es dunkel wurde. Am dritten März 1991 trat TGA (Torcida Garra Alvinegra) erstmals mit 75 Leuten im Stadion auf, heute sind es an guten Spieltagen über 250. Die Gruppe verteilt sich auf über 15 Sektionen in und um die Stadt Natal und nicht ganz ohne Stolz wurde mir erzählt, dass jede Sektion in ihrem Viertel versucht, mehr Menschen für ABC zu begeistern – Hier ist eine Parallele zu den Barras zu finden.

Als ich Augusto kennenlernte, war das mein Glücksgriff für den Aufenthalt in Brasilien. Dieser ging mit mir zu Bruno, dem Vizepräsidenten der Gruppe. Nachdem die beiden sich vor Spielbeginn des Stadtderbys unterhalten haben, kam dieser in der Halbzeit zu mir und drückte mir Tanktop und Kappe der Gruppe in die Hand. Ich vermag nicht zu urteilen, inwiefern es damit zusammenhing, dass ich Augusto dabei hatte, der eine Persönlichkeit in der Fanszene von ABC darstellt, allerdings ist es einfach Fakt, dass sowas, egal ob es sich um eine Gruppierung von Ultras, Torcidas oder einer Barra Brava handelt, nicht um eine Selbstverständlichkeit handelt.

Hinzu kommen noch die Fakten, dass Ausländer in Brasilien kein alltäglicher Anblick sind, ich wurde also erst einmal ordentlich beäugt und gemustert, als ich das erste Mal dort zugegen war und dass man Europäern sowieso ziemlich kritisch gegenüber steht, arbeitete auch nicht für mich. Genauso wie in Deutschland Vorurteile gegen andere Länder und Sitten bestehen, bedienen sich auch Brasilianer verschiedener Stereotype. Daher wurde ich auch schnell als „reicher Deutscher“ hingestellt. Mit diesem Vorurteil musste ich kämpfen bis zur Auswärtsfahrt nach Recife. Mir wurde mehrmals gesagt, dass es an diesem Tag sehr wahrscheinlich ziemlich Ärger geben könnte. Mit einer Mischung aus jugendlichem Leichtsinn und dem Reiz des Unbekannten sagte ich aber nur freundlich, dass ich damit leben könne. Dies schien den Torcidas dort wohl großen Respekt abzuringen – Im Nachhinein war die Warnung jedoch nicht ganz unberechtigt. Mir ist zwar nichts passiert, aber sowohl die Ansage von einem Bullen „Don’t make trouble, Brazilian jail is no fun“, als auch das doppelte Geballer mit der Gummipump in die Luft, waren dann schon „Randerfahrungen“ wie man so schön sagt. Die größte Angst an diesem Tag von mir, war spätestens nach der Predigt vom Cop, hier einzufahren, gerade in Recife, 300 Kilometer weg von Natal, wo ich genau eine Person gekannt habe – nämlich Augusto. Erwähnt haben möchte ich auch, dass Recife immerhin auf Platz 35 der gefährlichsten Städte der Welt ist – so sah es dort übrigens auch aus, das „Beste“ aus Frankfurt, Bochum und Lautern 😉
Wie auch immer, es wird trotzdem nicht so heiß gegessen wie gekocht und im Endeffekt bereue ich keine Sekunde, von den 14 Stunden, die diese Auswärtsfahrt in Anspruch genommen hat. Nachdem ich auf der Hinfahrt noch ziemlich verarscht wurde, setzte man mich auf der Rückfahrt noch morgens um 5 direkt vor meiner Haustür ab, so kann’s gehen.

sede1Wenige Tage darauf kam gleich das nächste Highlight, denn das Angebot die Räumlichkeiten von TGA zu besuchen konnte ich auf keinen Fall ausschlagen, so viel war klar. Also mit Gledson, dem Vorsänger der Meute an der Mall, direkt vor der Haustür getroffen und mit ihm zum „Sede social“ gefahren. Erwähnen möchte ich noch unser Gefährt, ein VW Gol aus einem älteren Jahrgang, welchen er sich anscheinend extra geliehen hat, nur um mich mit einem Auto holen zu können – Das sagt sehr viel aus darüber, wie ich die ganze Zeit in Brasilien behandelt wurde. Jedenfalls war es lustig in einem Auto zu fahren, bei welchem 2 gigantische Risse die Scheibe zierten, das linke Vorderrad lustigste Bewegungen machte und das Getriebe sich nur mäßig für die Gänge 3 und 4 begeistern ließ. In Deutschland geht sowas sofort auf den Schrott! Aber solange es fährt?! Então, irgendwann waren wir dann in einem richtig elenden, armen Viertel angekommen, was etwas besser als Favelas war, irgendwo im Norden der Stadt. Erstaunt hat mich, dass das Hauptquartier meilenwert zu erkennen wäre, wenn es nicht in so einer verwinkelten Gasse wär. Dicke Letter, das Gruppenlogo und mehrere Vereinslogos zieren deren Räumlichkeiten von außen, die augenscheinlich ziemlich heruntergekommen sind. Was ich oben erst feststellte, ist, dass immer einer an einem arschlahmen Computer hockt, an den die Überwachungskamera am Eingang angeschlossen ist. Herein kommt man hier nur mit dem Summer und nur, wenn man berechtigt ist. Oben staunte ich nicht schlecht, denn hier wurde vermutlich ein altes Schlachthaus oder ähnliches zu den eigenen Zwecken umgebaut. Im großen Hauptraum begrüßte mich erstmal ein fast komplett leerer Raum. Dieser wird in erster Linie für das Kampfsporttraining genutzt, im Lagerraum waren die entsprechenden Bodenmatten und diverse Sandsäcke. Alles war verkachelt und wirklich spartanisch eingerichtet – 2 Plastikstühle (natürlich wurde mir sofort einer angeboten, wär ja auch nicht so, dass da 5 Leute vor mir waren), ein Tisch dazu und ein Miniminimini Schwarz-Weiß Fernseher. Nebendran war ein Verkaufsraum mit den unterschiedlichsten Artikeln – Neben dem Klassiker, ärmellosen Shirts, gab es hier auch allerhand Schlüsselbänder, CD’s, Schlüsselanhänger, Armbänder, Eintrittskarten usw zu kaufen. Die Shirts dort sind wirklich unverkennbar. Die schwarz-weißen Vereinsfarben lassen einen ABC Mob zugegebenermaßen brutal elitär aussehen, auch weil sich immer aus einem Reportoire bestimmter Motive bedient wird, die „cooperate identity“ geht also klar 😉  Wie kann man sich die Klamotten vorstellen? Sehr weiß, mit dicken Logos und großen Schriftzügen, wenig Schnörkel aber trotzdem ansehnlich. Auf jeden Fall etwas „funky“ und definitiv „etwas Anderes“.
Der Verkaufsraum war schon wesentlich besser ausgestattet, außerdem gab es hier einen Computer, der internetfähig war. Schnell wurde mir klar, dass die Jungs gerne mal schauen würden, was bei uns so geht und besonders das Video von unserer Pyroaktion in Mainz erfreute sich großer Beliebtheit. Dem Blick über den Tellerrand ist man dort also auch nicht abgeneigt! Nach Anprobieren (Wieder Klamotten), Smalltalk, dem ein oder anderen Schnappschuss zur Erinnerung und dem ein oder anderen Bierchen wurde mir dann noch angeboten, mir eine Karte für die 22 Jahre Feier zu kaufen. Dass ich überhaupt nicht überlegen musste, war wohl logisch. Also Karte gekauft, heim fahren lassen und noch ne CD mit feinem TGA Rap abgestaubt – seeeehr geil!

IMG_4114Das absolute Highlight meines gesamten Aufenthalts neben dem wirklich unfassbaren Stadtderby (wer darüber noch nicht gelesen hat und Spaß an dieser Reihe hatte, sei der Bericht ans Herz gelegt → Ingolstadt Ausgabe des „normalen“ UdH) und dem ebenso außergewöhnlichen Trip nach Recife war dann zweifelsohne die besagte Party. An meinem vorletzten Wochenende fand diese Party an einem Sonntag statt, in keiner geringeren Location als der Haupttribüne des Frasqueirão . Los ging es um 11 Uhr und gegen 12 Uhr ging es nach dem Einlass auch richtig los. Was ich irgendwie bemerkenswert gefunden habe, war, dass wirklich ALLE  vor dem Einlass durchsucht wurden. Bei mir wurde zwar locker gemacht, weil mir eh keiner zugetraut hätte, da Unruhe zu stiften, aber trotzdem seltsam, dass das anscheinend notwendig gewesen ist. Was mich drinnen erwartete wird wohl bei den meisten von euch absolute Neiderfüllung hervorrufen: Nach und nach füllte sich der Bauch der Haupttribüne mit allerhand Torcidas aus der ganzen Republik. Neben den engsten Freunden aus Ceará (Die Gruppe dort trägt den klagvollen Namen „Cearámor“), gab es auch 2 verrückte, die aus der Nähe von Rio über 3 Tage und 2500 Kilometer angereist waren – Wie gesagt für eine 22-Jahre Feier an einem Sonntagmittag – Das war einer der Punkte, an denen ich die wirkliche Mentalität der Torcidas kennenlernte. Von 2-3 Jungs, die mir zum Teil bekannt waren und zum Teil auch nicht, wurde ich während der Party „betreut“, vielmehr schauten die aber, dass ich keinen Ärger mit jemand bekomme. Im Endeffekt werden es an die 500-600 Torcidas gewesen und in der Haupttribüne und am Zaun der Haupttribüne hingen locker 15 verschiedene Fahnen befreundeter Gruppen – reiht sich nahtlos in die Ungezwungenheit der brasilianischen Kultur ein. Nachdem alle Gäste begrüßt wurden und  jede Gruppe eine Art folierten Wimpel in die Hand gedrückt bekam, wurde ich zu meiner Überraschung auch auf die Bühne gebeten und nach obligatorischem Händeschütteln mit dem eben genannten Wimpel ausgestattet. Das war die größte Ehre, die mir dort zu Teil wurde, ein unglaubliches Gefühl. Nachdem eine Reggaeton Band aufgetreten war, ging der große Rummel los. Die Trommlersektion, welche mit auffällig gelben Shirts ausgestattet ist, wurde von den Vorsängern eingesungen und die 600 Mann Meute rastete KOMPLETT aus.

(02:36min) Terror kommt von der Tribüne, wenn das Stadion bebt,
Garra Alvinegra will die Menge toben sehen,
dominiert die ganze Stadt, besitzt die Moral im Frasqueirão
es gibt niemand, der Garra nicht sieht,
die Meute ist durchdacht, es ist gut uns zu respektieren,
wer mit uns Faxen macht wird weinen, im Machadão zeigt sich,
wer der Boss der Natal’s ist, es ist die GANG von ABC,
sie hat keinen Mike Tyson, keinen Holifield und keinen Anderen,
im Stadion hat Garra Alvinegra kein Mitleid.

Mein Herz hüpfte im Takt mit und meine Haare hatten die 90 Grad zur Hautoberfläche schon lange erreicht. Das alles an einem Sonntagmittag, unabhängig von einem Spiel, der absolute Wahnsinn! Auf diesem Meet& Greet von Torcidas als mehr oder weniger offizieller Gast zugegen zu sein, das war eine absolute Ehre für mich. Ebenfalls war ich unglaublich beeindruckt von der Mentalität, der Leidenschaft und der Selbstverständlichkeit, mit welcher die Lieder vorgetragen wurden. Nie zuvor habe ich eine solche Inbrunst gesehen, bei dem Vortragen von Gesängen, Klatscheinlagen und Pogo. Über die Trommelrhythmen brauche ich eigentlich gar nicht anzufangen, nicht von dieser Welt! Viel zu schnell musste ich mich gegen 16 Uhr schon wieder verabschieden, weil ich meinen „normalen“ Freunden versprochen hatte, mit ihnen die letzte Gelegenheit zu nutzen, ein Spiel der Seleção anzusehen. Das bereue ich dann im Endeffekt doch ein bisschen ehrlich gesagt. Nach einer herzlichen Verabschiedung trennte ich mich schweren Herzens ein letztes, endgültiges Mal von den Verrückten, welche ihr Herz am rechten Fleck tragen. Viele nette Worte und die feste Abmachung, 2014 wieder zu kommen, waren das letzte, was ich mit Cristiano, Gledson und den Anderen besprach, einige Umarmungen und geschüttelte Hände später, fand ich mich dann im Taxi wieder, welches mir als Transportmittel nach Hause ans Herz gelegt wurde. Da einige Nasen von Mafia Vermelho (dem Todfeind von TGA) in Seitenstraßen zu sehen waren, war dies wohl die bessere Variante. Zu Hause berichtete ich meinem Mitstreiter von dem erlebten, jedoch nicht, ohne etwas wehmütig zu werden, ob der baldigen Abreise.

Ich fasse zusammen: Torcidas sind eine eigene Kultur für sich, die aber auf jeden Fall vergleichbare Bestandteile der Ultra- und Barra Brava-Kultur aufweist. Garra Alvinegra ist eine tolle Meute, mit einem großen Organisationsaufwand, welcher mich mehrfach beeindruckte. Einen Konvoi mit 220 Teilnehmern an einem Mittwochnachmittag zu stellen, muss erst einmal nachgemacht werden. Ich lernte Leute kennen, die einen Tag auf ihr Essen verzichten, um ABC spielen zu sehen. Bei der Auswärtsfahrt im Bus und bei der Party habe ich eine Passion erlebt, welche mir heute noch die Haare aufstellt. Torcidas sind eine großartige Anhängerkultur, die ähnlich wie die Ultras erheblich (und meist zu Unrecht) von Medien und Staat gegängelt werden. Diese Menschen haben sich genauso wie wir, dem Leben für ihren Verein verschrieben und leben genauso 6 Tage die Woche für den Spieltag. Es ersetzt genauso wie bei uns zum Teil die Familie und für viele ist die Torcidagruppe eine bessere Anlaufstelle als diese. Torcidas tragen mindestens genauso stark in ihrem Herzen die Liebe und die Leidenschaft für ihren Verein für die Ultras.

Erfreulicherweise erreichte mich kurz vor Veröffentlichung des letzten Teils noch ein sehr netter Text, den Cristiano, der Präsident von TGA, dankenswerter Weise verfasst hat. Aus Respekt und Dank gelten ihm die allerletzten Worte dieser Reihe, zunächst gilt mein Dank aber TGA:

Obrigado por tudo gente, eu nunca vou esquecer o que você fez por mim. Foi um prazer para mim conhecê vocês! Garra Alvinegra e ABC FC terá sempre um lugar no meu coração!

Liest nun noch eine kurze Zusammenfassung von Cristiano, die etwas hakelige Sprache resultiert aus der sehr straighten Übersetzung. Mir war es wichtig, möglichst unverfälscht die Sichtweise von TGA zu übersetzen:

Hallo,

mein Name ist Cristiano Fasanaro und ich bin erfreut darüber gewesen, dass außerhalb unseres Landes eine Art Dokumentation über unsere Torcida organizada gemacht wurde, die in anderen Worten und auf andere Art und Weise unseren Stil und unsere regionale Kultur zeigt, was uns glücklich macht. Ein Teil dieser Kultur ist Fußball.

Ich bin Teil meiner Torcida organizada, seit ich 13 ½ Jahre alt bin, was mir eine gute Einsicht in verschiedene Probleme gibt. Was meine Aufmerksamkeit besonders erregte, war die „andere Präsenz“, die Präsenz einer „anderen Person“ aus einem fremden Land und aus einer anderen Kultur. Wir nannten ihn „den Gringo“ und er kam bei einem Spiel und bei einer Auswärtsfahrt in unsere Mitte. Es war ein anderes Gefühl, er mischte sich schnell unter die anderen Leute und konnte andere eine Sicht für unsere Umgebung, positiv ausgedrückt eine komplett andere, in Bezug auf wirtschaftliche und kulturelle Gegebenheiten, gewinnen. Dies macht seine Präsenz nur halb so komisch, auch weil er mit unserem Freund kommunizierte, wurde er sehr gut von unserer Gemeinschaft aufgenommen und schnell als „der Gringo“ integriert, hehe. Er wurde schnell von einen Mitgliedern unserem Kommando (Sektion) Ost angenommen, in deren Bus er bei der Reise nach Recife saß. Er wurde dort von „Laus“, der Leitperson der Sektion mitgenommen und ich bin mir sicher, er konnte dort die Themen sehen, die uns beschäftigen und die andere Art zu Reisen und sich zu verhalten.

Der Konvoi hatte die Vorahnung, dass etwas passieren könnte, was auch unserer Vergangenheit mit den Torcidas von Sport Recife zusammenhängt. Das Spiel war im brasilianischen Pokal, ein sehr wichtiges Spiel, weil es für uns (durch das Weiterkommen) mehr Freude bedeutete. Weil wir mit dem Satz „Mission erfüllt“ nach Hause fahren konnten, hätte uns dieses Spiel normalerweise super zufriedengestellt. Das war nicht der Fall, denn unser Besucher bekam zu sehen, wie unsere Mitglieder behandelt werden und wie schlecht unser Fußball organisiert ist. Außerdem musste er wohl realisieren, dass wir über keine Polizei verfügen, welche mit Torcidas organizadas umgehen kann. Unsere Torcida durfte nicht ins Stadion und uns wurden die Tore verschlossen und schließlich die ganze Torcida organizada aus der Stadt getrieben. Das zeigt den Stil unseres Fußballs, in dem viel Freude, Passion und Kultur steckt, was von den Offiziellen und Funktionären in bestimmter Weise kaum beachtet wird, ebenso wie von den staatlichen Autoritäten. Der Gringo mochte nicht nur nur unsere Auswärtsfahrt, sondern auch die Größe unserer Bewegung, ihre Gedanken, den Teil einer kritischen Denkweise in einer Passion, die wir ABC FC nennen.

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UdH# 102: Betze vs Dynamo

102coverSo schnell sind wir beim letzten Heimspiel der Saison 2013/ 14 angelangt. Vor knapp einem Jahr hatten wir gehofft, heute durch ein Kaiserslautern in Volksfeststimmung auf den Betze zu pilgern. Statt dessen raufen wir uns noch immer die Haare angesichts der Lala-Leistung am Montag in Berlin. Klar ließe sich auch diese Nummer wieder schön reden. Wollen wir uns aber mal nichts vormachen: Unbedingter Aufstiegswille schaut anders aus! Da braucht es Körpersprache, Kampf um jeden Ball und einen mit aller Kraft erzwungenen Auswärtssieg. Das Gequatsche von hier Pfostentreffer, da Pech und wir glauben ja alle noch dran, ist überflüssig. Genauso unerträglich ist das Geschachere um die unausweichliche Verpflichtung eines (unabhängigen) Sportdirektors. Hier braucht es zeitnah endlich einen klaren Blick und eine besonnene Lösung, zum Wohle des Vereins. Dies gilt auch für die vertragliche Bindung von Perspektivspielern. Sollte nicht doch noch ein Wunder geschehen, wird es nächstes Jahr sicher nicht einfacher aufzusteigen. Das “Profikader wechsel dich” Spielchen zu jeder Sommerpause fruchtet ganz offensichtlich nicht, also wäre ein denkbarer Ansatz endlich langfristig eine Truppe mit Charakter aufzubauen. Dafür braucht es ein Auge für Talente und “Personalentwicklung”, wie heute so schön gesagt wird.

Viele interne Baustellen also. Zu allem Überfluß wurden wir in der vergangenen Woche von der Meldung überfahren, dass bei der Vergabe der Tickets für die Gäste aus Dresden erstmals massiv durch das DFL-Papier ermöglichte Regularien Anwendung finden. Die Zusagen Stefan Kuntz’ in Kaiserslautern bleibe alles beim Alten, sind damit obsolete. Wieder mal wurden die Rechte und Freiheiten von Fans weiter beschnitten. Heute trifft die praktische Umsetzung die Dresdner, morgen uns! Leute, nehmt das nicht hin – diese Schikanen sind nicht zu rechtfertigen.

Bei all dem Ärger sind wir nicht bereit uns alles vermiesen zu lassen. Daher möchten wir an dieser Stelle demonstrativ mit Stolz und  (Vor-) Freude den folgenden Bericht aus der neuen Ausgabe 102 hervorherben: 18 FYs hatten letzten Samstag die Ehre mit unseren Metzer Freunde der Horda Frenetik den letzten Schritt auf dem Weg zurück in die Ligue 1 zu gehen. Der FC Metz besiegelte den Aufstieg mit einem 0:3 Erfolg in Auxerre! Félicitation, Grenades! Und Betze, immer weiter…

 

AJ Auxerre – FC Metz (0:3)
26.04.2013 / Ligue 2 / 34. Spieltag / Stade de l’Abbé-Deschamps

Nachdem der FCK erst am Montag bei Union Berlin antreten sollte, war das Wochenende frei, um mal wieder etwas mit der Familie oder der besseren Hälfte zu unternehmen – oder auch nicht.

Für mich begann der Abend ganz ultra-like mit Tiefkühlpizza und Serie A schauen in gemütlicher Runde. Während ein Teil der Runde zum Hoppen nach Italien aufbrach, legten wir uns noch zwei Stunden auf’s Ohr, bevor die Reise nach Metz beginnen sollte. Dank Fahrerwechsel, bevor der Sekundenschlaf uns das Leben kostete, erreichten wir, typisch deutsch, den Abfahrtsort der Busse genau eine Minute vor der geplanten Abfahrt. Eigentlich hatten wir fest damit gerechnet, dass wir da ziemlich alleine stehen würden, schließlich sind die Abfahrtszeiten der Horda generell etwas flexibler als bei uns. Heute allerdings standen die vier Busse der Horda schon bereit und sogar ein kleiner Tisch war aufgebaut, um das Organisatorische zu erledigen. Insgesamt 18 FY-Ultras begleiteten die Horda zu diesem besonderen Spiel, bei dem  der FC Metz den Aufstieg in die Ligue 1 perfekt machen konnte.

Nach einer Begrüßungsrunde suchte ich mir einen Platz im Bus, der dann doch erst mit 50 Minuten Verspätung losfuhr (zum Glück doch noch alles beim Alten). Bis zur ersten Rast holte ich in dem Luxusbus etwas Schlaf nach. Den Rest der Hinfahrt verbrachte ich mit einigen interessanten Gesprächen und schließlich erreichten wir Auxerre fast drei Stunden vor Spielbeginn. Es war also noch genug Zeit, um in die Stadt zu gehen. War auf jeden Fall cool, mit 200 Menschen singend durch die Gassen Auxerres zu ziehen. Schließlich chillten wir gemeinsam an einem Pub, wobei das Wetter mit Wind und dicken Wolken nicht gerade optimal war.

Gut eine Stunde vor Spielbeginn setzten sich die 200 Ultras in Bewegung und zogen mit Gesängen und etwas Pyro zum Stadion. Der Einlass in das Stade de l’Abbé-Deschamps, benannt nach dem Pfarrer Deschamps, dem Gründer des AJ Auxerre, dauerte dann etwas länger, so dass gerade noch genug Zeit war, um die Choreo vorzubereiten, bevor die Mannschaften auf den Platz kamen. So wedelte der Oberrang rund um die Horda fleißig mit Luftballons, dazu gab es ein passendes Spruchband, während unten die Gruppen der Tribune Ouest ein paar Fahnen und Doppelhalter zeigten. Der Gästeblock legte dann auch gleich lautstark los, wobei das Zusammenspiel von Ober- und Unterrang manchmal etwas schwierig war. Trotzdem insgesamt ein guter Auftritt des Metzer Anhangs.

Der FC Metz tat sich die ersten Minuten etwas schwer, im Regen von Auxerre ein Mittel gegen den Gegner zu finden. So dauerte es bis zur 34. Minute, bis Bussmann die Grenats in Führung brachte. Großer Jubel im Gästeblock, nun stand man quasi mit einem Bein und vier Zehen in der ersten Liga. Doch anstatt nun das Ergebnis bis zur Pause zu verwalten, spielte der FC Metz weiter nach vorne und legte nur vier Minuten später das 2:0 nach. Auch nach dem Seitenwechsel war der Sieg nie ernsthaft in Gefahr, wobei Auxerre etwas stärker wurde und unter anderem die Latte traf. So konnte der Gästeblock in den Feiermodus schalten, der durch das 3:0 in der 84. Minute noch einmal gesteigert wurde.

Bei Abpfiff dann grenzenloser Jubel und Feierei mit der Mannschaft. Schon Wahnsinn, dass der FC Metz den Durchmarsch von der dritten in die erste Liga geschafft hat. Auch wenn es nicht „unser“ Verein ist – die vielen Jahre, in denen wir erst den Abstieg und nun den Aufstieg verfolgt haben; die Spiele in der dritten Liga, zu denen wir unsere Freunde der Horda begleitet haben; und die vielen schönen Stunden auf Frankreichs Autobahnen ließen auch bei uns ehrliche Freude aufkommen.

Nachdem die Mannschaft in die Kabine gegangen war, verließen wir den Block und nach kurzer Wartezeit auf einen unserer Jungs, der das Spiel hinter französischen Gardinen verbringen musste, ging es wieder zurück Richtung Metz. Die Rückfahrt verlief dann ruhiger als erwartet, der lange Tag hatte alle doch ziemlich geschafft. Nach der Ankunft in Metz schauten wir noch kurz auf dem offiziellen Empfang in der Innenstadt vorbei, ehe uns die Müdigkeit zu unseren Autos trieb und wir den Heimweg antraten.

Nächstes Jahr stehen nun richtig geile Fahrten und Spiele an. Nizza, St. Etienne, Paris, Marseille, wir werden an der Seite der Horda gegen einige der besten europäischen Kurven antreten dürfen, wir freuen uns drauf. Weil es nie als selbstverständlich angesehen werden darf, bedanke ich mich bei der Horda für die tolle Gastfreundschaft. Bon retour et meilleurs vœux pour Ligue 1! HFY Ultras!

 

Hier geht es zur kompletten Ausgabe 102!

Der Fan als Sicherheitsrisiko?!

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(Perspektive FCK) Am kommenden Wochenende steigt das Heimspiel unseres 1.FC Kaiserslautern e.V. gegen Dynamo Dresden. Für uns geht es wahrscheinlich noch um den Aufstieg und für Dynamo Dresden um den Überlebenskampf in Liga 2.

Überraschenderweise wurde der Vorverkauf für Fanclubs, Mitglieder und Dauerkarteninhaber durch den FCK erst sehr spät gestartet. Ein freier Vorverkauf findet offenbar überhaupt nicht statt. Wer einen Blick in den Ticketshop wirft, stellt jedoch sehr schnell fest, dass dieses Spiel noch nicht ausverkauft ist.

Um so mehr verwunderte daher diese Woche die Meldung aus Dresden, dass man vom FCK lediglich ein Kontingent von ca. 2.300 Karten zugesprochen bekommen habe. Damit erhält Dresden lediglich 4,7% des regulären Kartenkontingents. Normalerweise stehen den Gästefans laut DFL-Regularien indessen 10% der verfügbaren Tickets zu (In Kaiserslautern also ca. 5.000 Tickets). Zudem müssen die Dresdener Anhänger zunächst Vouchers kaufen (für die Mitgliedsausweis und Mitglieder-PIN benötigt werden), die dann erst am Spieltag in Kaiserslautern – mit einem damit verbundenen Busshuttle zum Gästeblock vom Messeplatz aus – umgetauscht werden können.

Man versucht so von Seiten der Polizei und des Vereins ein Sicherheitskonzept zu suggerieren, das in dieser Form aber wohl zu noch mehr Unmut und Chaos am Spieltag führen könnte. Dass Dynamo eine große und reisefreudige Fangemeinschaft hat und auch immer wieder durch “Problemfans” in die Schlagzeilen kommt, konnten wir in Kaiserslautern vergangene Saison hautnah erleben, als es neben einem versuchten Eingangssturm nach dem Spiel zu Angriffen einiger Randalierer auf die P&R-Busse mit erheblichen Sachschäden kam.

Hierbei verwendeten die bis heute nicht ermittelten unbekannten Täter Gegenstände als Wurfgeschosse und Schlaginstrumente, die zum Teil aus einer ungesicherten Baustelle stammten und zum Teil aus Flaschen, die vorher vom Ordnungsamt eingesammelt worden waren und vor Spielende nicht abtransportiert wurden. Schon in der vergangenen Saison hatte man gehofft, alles unter Kontrolle zu haben, indem man die Busse der „Ultras” abgefangen und direkt zum Stadion geleitet hat. Wie sich gezeigt hat, sind die Probleme jedoch weitaus komplexer.

Aktuell setzt der FCK nun als einer der ersten Vereine das umstrittene neue Sicherheitskonzept der DFL um. Gerade die von Seiten vieler Fans äußerst kritisch gesehene so ermöglichte Reduzierung des Gästekontingents bei Risikospielen kommt nun in Kaiserslautern erstmals zur Anwendung – obwohl der Vorstandvorsitzende Stefan Kuntz nach der Verabschiedung des Papiers noch im Dezember 2012 versprochen hatte: „Bei uns in Kaiserslautern ändert sich nichts!”

Aufgrund der letztjährigen Erfahrungen mögen viele FCK-Fans nun der Meinung sein, dass es nur recht und billig ist, dass “diese Randalierer” nur einen Teil der Karten zugesprochen bekommen. Allerdings sollte man die Angelegenheit etwas differenzierter betrachten, wie Sebastian Scheffler, 1. Vorsitzender der Perspektive FCK, zu bedenken gibt: „Solange man selbst nicht betroffen ist, denkt man vielleicht noch ‘Richtig so!’, allerdings sitzen wir alle im selben Boot. Was heute Dresden in Kaiserslautern passiert, kann uns genau so schnell treffen beim nächsten Derby in Saarbrücken, Mannheim, Karlsruhe, Frankfurt oder Mainz!”

Wie der Perspektive FCK seitens Dynamo Dresden mitgeteilt wurde, hatte Dynamo zuvor Einspruch gegen die Reduzierung des Gästekontingents erhoben. Dieser Einspruch blieb jedoch ungehört – was noch einmal verdeutlicht, wie viel das im Sicherheitskonzept vorgesehene Einspruchsrecht tatsächlich wert ist.

Wer sich etwas genauer mit der Fanszene von Dresden beschäftigt, weiß, dass diese immer und überall vertreten ist – auch wenn es wie beispielsweise vor zwei Jahren in Frankfurt keinerlei Gästetickets gibt. Auch damals war Dresden dort mit über 1.000 Fans vertreten, die sich im gesamten Stadion verteilten.

An dieser Stelle zeigt sich nun auch die besondere Problematik des aktuell noch bestehenden Sponsorenvertrages des FCK mit “Viagogo”.

Mitgliederentscheid_respektieren_Vianogo_ablehnen
Da der FCK zur Abgabe von Tickets an Viagogo verpflichtet ist, sind somit Tausende von Eintrittskarten auf diesem Weg für Jedermann frei zu erwerben. Es ist daher auch davon auszugehen, dass sich sehr viele Dresdener mit weiteren Tickets für die Nord-, Süd- und Osttribüne eindecken werden. Diese Dresdener Fans könnten so nahezu über das ganze Stadion verteilt sein und könnten sich darüber hinaus – entgegen den Planungen – frei rund um das Stadion bewegen.

Andreas Hensel, Vorstandmitglied der vor kurzem neu gegründeten Rot-Weißen Hilfe Kaiserslautern, merkt hierzu an: „Die Vorgabe der Anreisewege und der Zwang zum Umtausch der Vouchers in Tickets wie in diesem Fall ist ein weiterer Schritt zur Beschneidung von Bürgerrechten. Man kann sogar von einem ‘Hannover Light Modell’ sprechen, ähnlich wie es vor einigen Wochen beim Derby Braunschweig – Hannover angewendet wurde.”

Ob das Konzept wirklich für mehr Sicherheit sorgen kann, bezweifelt Sebastian Scheffler: „Durch das reduzierte Gästekontingent verschenkt der FCK nicht nur viel Geld, sondern zieht auch den Unmut vieler Fans auf sich. Dazu kommt noch eine schlechte bzw. gar keine Kommunikation des Vereins bezüglich der Vergabepraxis der Eintrittskarten. Gerade der Verkauf der Tickets über Viagogo könnte uns noch Probleme bereiten. Es zeigt sich daher einmal mehr, dass die Mitglieder im Dezember auf der Jahreshauptversammlung zurecht dem Vorstand die Empfehlung mit auf den Weg gegeben haben, den Viagogo-Deal nicht zu verlängern!”

Brasilien Spezial – Teil 2

(Marcello) Samstagmorgen 6:00 Uhr in Brasilien: Der Wecker klingelt, Kaffeewasser wird aufgesetzt und die Dusche betreten. Die Sonne, die schon mehr als eine Stunde knallt, erhellt unsere Küche und mein Badezimmer und bald ist auch schon der erste Kaffee getrunken. Nachdem die Sachen gepackt sind und das Frühstück verschlungen, werden wir um 7 schon abgeholt. Dieses Mal geht es aber weiter als das Frasqueirão, nämlich um in einem Condominio (umzäunter Bereich, in dem Eigentumshäuser stehen und zum Teil auch Pools, Fußballplätze und kleine Läden integriert sind) Fußball zu spielen. Kommentare wie „Spielscht ned mo bei de Zwett?“ gibt es in Brasilien kaum, denn sich dort in Condominios zu treffen, in welchem zufällig Onkel oder Schwager wohnt, ist dort Gang und Gäbe. Das passt für mich persönlich nahtlos in die brasilianische Kultur, denn Ungezwungenheit und Lockerheit gehören zu dieser unweigerlich dazu. Schön!

An dem besagten Samstagmorgen ging es um 8:30 Uhr bei schlappen 28 Grad los und schon nach dem ersten Spiel umringt von Brasilianern, Argentiniern und Chilenen war ich völlig kaputt, durchgeschwitzt und fertig mit der Welt. An diesem Tag lernte ich Binho kennen (siehe UdH-Bericht Ingolstadt), mit dem ich mich lange über den deutschen und brasilianischen Fußball unterhalten konnte. Ich habe den Eindruck gewinnen können, dass unser Verein in Brasilien über große Bekanntheit verfügt, was angesichts der aktuellen sportlichen Situation und der medialen Omnipräsenz des FC „Bayern de Munique“, welche der deutschen in nichts nach steht, durchaus positiv ist. Auch die Assoziation zum legendären Barcelona-Spiel habe ich an diesem Tag zu hören bekommen.

Dieses Erlebnis war jetzt aber nur exemplarisch, denn egal wo, es wird immer zumindest nur ein bisschen über Fußball geredet, unabhängig davon, ob man jetzt beim Friseur, in der Bar, am Strand, im Supermarkt oder sonst wo ist, ein paar Worte über Fußball werden immer verloren. Ziemlich jede unzweckmäßige Konversation in Brasilien ist damit verbunden und angesichts der Präsenz des Fußballs im alltäglichen Leben zusammen mit der WM 2014 dort, sehe ich hier eher noch Potential für eine Zunahme. In Brasilien fallen nämlich Sportarten wie Handball fast raus (gibt es zwar, aber kann mich nicht daran erinnern, jemanden getroffen zu haben, der Handball spielt) und logischerweise auch alles an Wintersportarten.

Außerdem erfreuen sich auch abgewandelte Fußballvarianten wirklich hoher Beliebtheit. Hierzu zählen vor allem Futsal und Footvolley (Mischung aus Volleyball und Fußball, ziemlich abgedreht!). Ich kann mich nicht wissentlich daran erinnern, mich über eine andere Ballsportart als Fußball unterhalten zu haben. Die starke politische (z.B. Sportministerium) und gesellschaftliche Verwurzelung hat zur Folge, dass die Torcidas, also die Fans in Brasilien, sehr nahe an ihren Vereinen und der Seleção sind und dementsprechend häufig Fußball zu einem politischen Diskussionsgegenstand wird. Dies spiegelt sich auch in den Protesten gegen und wegen der WM 2014 wider, die ich selbst miterleben konnte.

Die Proteste in Natal nahmen ihren Höhepunkt am 20. Juni letzten Jahres. Ich bin froh, dass ich euch darüber mehr erzählen kann, denn die deutsche Berichterstattung der Ereignisse habe ich als unvollständig beziehungsweise halbherzig aufgefasst. Hierzu aber später mehr! Denn um ein Gesamtverständnis für die dortige Situation zu bekommen, ist es zunächst erforderlich, ein wenig auszuholen (wofür dieses Medium ja auch gedacht ist):

Als ich Anfang April letzten Jahres in Brasilien ankam, habe ich für einen Euro etwas mehr als 2,50 Reais (R$) bekommen. Im Mai dann knapp 3,00 Reais und Ende Juni dann sogar 3,20 Reais. Also eine Inflation von etwa 20% in gerade einmal drei Monaten. Was für mich dort eine nette Sache war, da ich einfach so mehr Geld hatte, war für die Leute dort besonders bitter. In Brasilien sind die Lebensunterhaltungskosten niedriger als bei uns, dafür verfügt Deutschland aber über ein Lohnniveau, von welchem die meisten Brasilianer träumen. Zwei Drittel der brasilianischen Lohnempfänger müssen mit 460 Euro im Monat auskommen, etwa ein Viertel mit der Hälfte. Im Jahr 2007 betrug 1% des Gesamteinkommens der wohlhabenden Bevölkerung etwa 50% des Gesamteinkommens der bedürftigen Bevölkerung. Das alles geschieht in einem Land, welches seit Jahrzehnten von Korruption geplagt ist und zu guter Letzt werden bundesweit die Buspreise um 20 Centavos (0,20R$) erhöht. Was für uns wie ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, bringt dort Menschen ernsthaft in existenzielle Probleme.

Angesichts dessen habe ich es selbst als Ausländer in Brasilien als absolute Frechheit empfunden, dass dort eine WM durchgeführt werden soll. Ich habe mich mit vielen Menschen unterhalten und alle waren sich ziemlich einig: Wir nehmen jetzt die WM, aber eigentlich sind wir gar nicht bereit dafür.

Polemisch ausgedrückt werden dicke, moderne WM-Arenen irgendwo hingestellt, wo außen rum bestenfalls ein paar einfache Mietplatten stehen. Angesichts der sozialen Situation in Brasilien, wo nur ca. 15% des Haushalts in das Gesundheitssystem fließen, ist es in den Augen vieler Brasilianer (und auch in meinen Augen) ein Absurdum, dass ein solch kostenintensives Projekt in ihrem Land stattfindet. 6,3 Milliarden der 10,5 Milliarden Euro Kosten werden durch das Land Brasilien übernommen. Viele Menschen wünschen sich, das Geld wäre anderweitig investiert worden.

Auch diese riesige Investition in die WM und die entsprechende Infrastruktur hierfür war ein Grund dafür, dass es im Juni letzten Jahres endgültig gereicht hat. Gepaart mit Korruption, großer sozialer Schere, Inflation und eben der sagenumwobenen Buspreiserhöhung. Diese wurde in den deutschen Medien fälschlicherweise als alleiniger Auslöser für die Proteste in Brasilien dargestellt. Viel mehr war dies der klassische Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Das „Überlaufen“ äußerte sich in landesweiten Protesten am 20. Juni 2013, bei denen überall im ganzen Land geschätzt zwei Millionen Menschen protestierten. Der Lehrer meiner Sprachschule gab uns im Unterricht eine Woche vorher Bescheid, er würde uns gerne zu den Protesten mitnehmen, an diesem Tag würde ab 16 Uhr innerhalb der Stadt sowieso nichts mehr passieren – Also gut, abholen lassen und dann ganz in der Nähe unserer damaligen Schule geparkt. Über die „Stadtautobahn“ von Natal, die gesperrt war, setzte sich ein Mob mit über 40.000 Menschen in Bewegung und immer mehr kamen hinzu. brasilienspezial3

Alles Mögliche kam zur Forderung an diesem Abend, was mittels kleiner Plakate gezeigt wurde – Ende der Korruption, mehr Rechte für Homosexuelle, bessere Bildung und Krankenhäuser. Wie bereits gesagt: Die Buspreiserhöhung war hier definitiv kein Thema, welches im Mittelpunkt gewesen wäre, sond  ern vielmehr ein Teil des Ganzen. Der Zug zog sich unter Samba-Klängen zur größten Mall der Stadt, aber vielmehr als Partymob. Das Klima bei der Demonstration war äußerst friedlich, es wurde einfach nur darauf gesetzt, möglichst viele Menschen zu mobilisieren. Dies gelang den Menschen in Natal ausgesprochen gut! Graffitisprüher wurden ausgebuht und „keine Gewalt“ und „kein Vandalismus“ skandiert – die Demonstration sollte zu jedem Zeitpunkt friedfertig bleiben. Das war auch der Fall, als es inmitten aller Menschen eine kurze Rennerei gab, die sich im Endeffekt als unbegründet darstellte – Gruppendynamik. Die Menschen waren aber wie gesagt sehr friedlich aufgelegt – vom Fenster wurde sich gegenseitig zu gewinkt und auch das hektische Benutzen des Lichtschalters wurde mit Applaus und Jubel bedacht.

Auf Anhöhen ließ sich erahnen, wie viele Menschen hier eigentlich unterwegs sind – sowas habe ich noch nie erlebt! Ein scheinbar unendlicher Strom von Menschen, der kilometerlang durch die Stadt zog – kein Bild würde irgendwie auch nur ansatzweise den Großteil derer zeigen, die an diesem Tag auf die Straße gingen.

Allerdings gab es auch einige Menschen, die an der Mall ausrasteten und diese mit Steinen und Betonplatten bewarfen. Was ich aus der Entfernung nur erahnen konnte, sah im Fernsehen relativ hart aus: die Glasfassade der Mall hat gelitten und eine zuvor anscheinend vorsorglich positionierte Polizeieinheit knallte die eindringenden Demonstranten aus der Mall. Straßensperren und Molotowcocktails gab es auch zu sehen, waren aber anscheinend die Ausnahme.

brasilienspezial4Für mich persönlich war es äußerst beeindruckend, so viele Menschen auf einem Fleck zu sehen, die alle mit demselben Anliegen auf die Straße gehen. Menschen jeden Alters, Größe, Geschlechts, politischer Einstellung, unterschiedlichster Gesellschaftsklassen und völlig anderen Berufen haben für eine Sache eingestanden, nämlich ein besseres Brasilien. Dafür gebührt dem Land tiefster Respekt, denn es wurde mehr als nur Menschen bewegt:

Einen Tag später bereits verkündete Brasiliens Präsidentin Rousseff, dass zukünftig mehr Geld in Bildung und Gesundheit investiert werden solle, was durch Einnahmen aus den Ölverkäufen des Landes gedeckt werden solle. Ebenfalls solle ein Plan zur landesweiten Verbesserung der öffentlichen Nahverkehrssysteme entwickelt werden. Die Buspreiserhöhung wurde letzten Endes auch zurückgenommen.Allerdings verurteilte die Präsidentin Brasiliens auch den gewalttätigen Anteil der Demonstranten, was sie mit der Aussage, Gewalt sei keine Gesprächsgrundlage, untermauerte. Unerwähnt bleiben sollten aber nicht die vielen hundert Verletzten dieses Abends – hauptsächlich durch Gummigeschosse der Polizei.

An diesem Abend wurde im Land mit Sicherheit keine Revolution losgebrochen, aber mit dem Willen des Volkes und hunderten von Städten voller Menschen, die für das selbe Anliegen auf die Straße gingen, wurde die Regierung zum Einlenken gebracht. Im protestfaulen Deutschland undenkbar!

Die Proteste in Brasilien haben für den Confed-Cup auch geringfügige Auswirkungen gehabt: Die Nationalhymne wurde durch die Torcidas der Seleção nach Anpfiff gesungen und nicht zur eingespielten Musik. Für die Gäste aus den verschiedenen anderen Ländern wurde also auch so gezeigt, dass die Menschen unzufrieden sind. Diverse Spieler der Nationalmannschaft solidarisierten sich mit den Protestierenden, was letztlich vom Verband geduldet wurde.

Beim Confed-Cup wurde mir aber auch eine ganz andere Seite gezeigt: Wie der Fußball in Brasilien gelebt wird, ist einfach großartig! Es gab lediglich ein Spiel der Seleção, welches in der heimischen Wohnung angesehen wurde. Jedes Mal war bei einem Spiel der Seleção für mich etwas anderes geboten. In einer Bar gab es pro Tor der Gelben einen Caipi aufs Haus, was schon ziemlich nett war, beim Spiel gegen Japan ging es richtig rund: In der Shock Bar in Natal wurde lecker zu Mittag gegessen, um anschließend bei viel Bier gemütlich das Spiel zu verfolgen. Danach live gespielter Forró, eine feiernde Meute in der Bar und zahlreiche Schönheiten mittendrin. Die Party ging bis lang in die Nacht, aber ohne komische Aufsteckirokesen, Cowboyhüten oder sonstigem Schrott. Die Leute kommen mit Trikot, Chinos und Flip-Flops in die Bar und feiern bis etwa 22-23 Uhr, bis es dann weiter in die Stadt geht. Sehr schön!

Bei einem anderen Spiel wurden wir spontan zum gemeinsamen Anschauen in ein Apartment in Strandnähe eingeladen – Mit Churrasco Service, Liveband und allerlei Flüssignahrung für vielleicht 20 Leute. Es ist schön, wie man dort empfangen wird – alle Menschen waren sehr freundlich zu uns und ungefragt bekamen wir jeweils einen dicken Teller mit Grillfleisch, Salat und einem kühlen Bier dazu gestellt. So lässt es sich definitiv aushalten! Zu späterer Stunde, als die werte Gattin, in die der werte Gatte bestimmt auch schon den ein oder anderen Real investiert hat, auf die Idee kam, singen zu müssen, ging es richtig rund. Alle fingen an zu musizieren und schnell hatten sich diverse Leute gefunden, die verschiedene Instrumente spielen konnten. Spontaner Sambajam nach dem Spiel – Sehr geil! Sich die Spiele gemeinsam in Bars anzuschauen ist in Brasilien also absolut normal, es gehört zu der Fußballkultur genauso wie das Bier.

Obwohl die Menschen allen Grund dazu hatten, das Gegenteil zu tun, wurde die Seleção in ihrem Land unterstützt und die Stadien gefüllt. Der Fußball ist in Brasilien viel zu sehr in die Gesellschaft und das Leben der Menschen integriert, als dass es möglich wäre, sich dagegen zu stellen. Die Menschen, die an ihren Vereinen hängen, unterstützen die Seleção ähnlich enthusiastisch und Brasilien ist für mich vielleicht nicht die Heimat des Fußballs, aber auf jeden Fall Heimat einer großartigen Fußballkultur, an welcher man sich ein Beispiel nehmen kann. Andererseits sind viele Brasilianer der Meinung, ihr Land sei Teil der 2. oder gar 3. Welt und viele Milliarden wurden in die WM investiert, obwohl sich die Bevölkerung nach einem besseren Gesundheitssystem sehnt oder für bessere Bildung ihre Stimme erhebt.

Sepp Blatter, Präsident der FIFA, sieht sich in keiner Schuld, da Brasilien die WM nicht aufgezwungen wurde. Wie so oft, wird sich in diesem Konstrukt die gegenseitige Schuld zu geschoben und keiner möchte die Verantwortung dafür übernehmen, dass die WM letztlich nach Brasilien vergeben wurde.

Letzten Endes ist es schlicht und ergreifend nicht mehr zu ändern, aber ob in Brasilien in diesem Jahr eine WM angebracht ist, darf in Frage gestellt werden. Beispielhaft und für mich symptomatisch ist, dass in Brasilía ein komplett neues WM-Stadion gebaut wird, welches nach dem Turnier nicht weiter genutzt wird. Es gibt dort einfach keine großen Vereine. Die Arena das Dunas in Natal wird zukünftig auch nur sporadisch für die Clasicos genutzt. ABC besitzt bereits ein schönes Stadion, América stellt sein neues in Kürze fertig und der etwas kleinere Verein Alecrim FC kann dank eines Investors auch bald ein eigenes Stadion beziehen. Zur WM kann man also sagen, dass sie fußball-kulturell gesehen auf jeden Fall bestens aufgehoben ist, ob Brasilien sich jedoch diesen „Luxus“ einer WM leisten kann, darf bezweifelt werden – Werden wir sehen, was daraus wird!

In den letzten Zeilen dieses Teils möchte ich noch einmal den Menschen in Brasilien meinen Respekt und Dank aussprechen – Mir wurde beispiellos gezeigt, wie man als Volk ein Ziel erreichen kann – Das ist absolut beeindruckend gewesen!

 

Lest demnächst Teil 3: Garra Alvinegra – “Die Gruppe” von ABC Natal

UdH# 101: Betze vs FSV Frankfurt

Nachdem unser Traum über den deutsch101coveren in den europäischen Pokal zu gelangen, am Mittwoch in München völlig überraschend platzte, gilt es nun wieder volle Konzentration für den Liga-Endspurt aufzubringen. Motivation sollte sich aus vielerlei Punkten ziehen lassen: Unsere Mannschaft scheint sich gefangen zu haben, die letzten Auftritte machen Mut, Youngster wie Jean Zimmer verleihen dem Team einen neuen Spirit. Das Beispiel Dominique Heintz hat gezeigt, dass ein zu großer Hype um junge Talente nicht förderlich ist, zu hohe Erwartungen zu viel Ballast bedeuten können. Zimmer kann nur einer der Namen heißen, mit denen es eine Truppe von “Jungen Wilden” aufzubauen gilt – ungeachtet davon, in welcher Liga sie in der nächsten Saison antreten wird. Der Betze sehnt sich nach jungen, hungrigen Spielern und nach einem frischen Wind! Diesem Thema widmet sich unser heutiger Gedankensprung.

Bevor ihr euch mit Unter die Haut Ausgabe 101 auf die Heim-Partie am Ostersonntag gegen den FSV Frankfurt einstimmt, gilt allen München-Fahrern von Mittwoch ein Wort des Dankes! Der Treffpunkt am Viktualienmarkt hat viel Freude gemacht und tatsächlich einen Hauch von Europapokal versprüht. Umso bedauerlicher, dass die Exekutive alles daran setzte, uns in die Suppe zu spucken. Doch auch das bestärkt uns zumindest in einer Sache: machtdumm und obrigkeitshörsam wie das USK, kleingeistig und bierzelttrottelig wie die Wachtmeister, spießig und versnobt wie die Münchner, kalt und kulturlos wie die Arena, konsumbeschränkt und nach Erfolg klatschend wie die FCB Fäns… Lautrer, so werre mer nie! Haltet das Feuer am lodern!

 

Gedankensprung: Zeit für den Neuanfang?

Groß ist die Ratlosigkeit, groß ist der Frust: Nach einem vielversprechenden Start in die Saison 2013/ 2014 träumte die Pfalz bereits von der Rückkehr ins Oberhaus. In Dresden Ende November dann der gefühlte Einbruch. Durch einen groben Abwehr-Schnitzer wurden nicht nur Ball und Punkte hergegeben, die Selbstsicherheit schien in der Elbe ertränkt.

Zuvor gab es schon negative Ausreißer, wie die 4:0 Niederlage in Aalen oder das 1:0 gegen die überraschend starken Sandhausener um Ex-Lautrer Denis Linsmayer. Zu Hause allerdings blieb der Betze bis dato ungeschlagen. Das sollte sich nach Dresden ändern: Es folgten Heimniederlagen gegen Düsseldorf (0:1), Paderborn (0:1) und Aalen (1:2). Auswärts ging man in Aue (1:0) und Cottbus (1:0) leer aus. Während Siege gegen Ingolstadt (1:2), Fürth (2:1), Sandhausen (2:1) und München (0:1) die Hoffnung auf ein gutes Ende immer wieder nährten, sorgte die zuletzt zunehmende Zahl von Unentschieden (Köln, Bielefeld, Karlsruhe, Bochum) dafür, dass der Aufstieg auf leisen Sohlen entwich. Ein Sterben auf Raten. Dank dem Last Minute Coup auf St. Pauli darf weiterhin gerechnet werden.

Trotz zwischenzeitiger Erfolgserlebnisse lief es seit Jahresbeginn meist  in Dauerschleife: Montags noch vollends gefrustet, baut sich über die Woche hinweg doch eine unerschütterliche Fußball-Vorfreude auf. Sie gipfelt in einem grundlosen Optimismus: „Nächstes Wochenende folgt die Wende“. Warum aber bleibt der Lernprozess aus? Weil einem Fußballromantiker nichts anderes bleibt, als darauf zu hoffen? Weil der „Blick hinter die Kulissen“ unangenehm ist? Bedenklich ist, dass sich zuletzt eine unerträgliche Gleichgültigkeit untermischte.

Wer nach der Partie gegen Bielefeld das persönliche Gespräch mit den Spielern am Steinbruch suchte, dem fällt schwer zu glauben, die Mannschaft ziehe an einem Strang. Albert Bunjaku stand nicht auf dem Platz, beteuert im persönlichen Gespräch dennoch beharrlich, alle Spieler wollten in Liga Eins, unabhängig von der Gültigkeit ihrer Verträge. Srdjan Lakic bekundet, er gebe bereits alles, um seinen Mitspielern „in den Arsch [zu] treten“. Auch andere Akteure stellen sich und zeigen Verständnis. Woran es liegt, kann keiner sagen. Was auffällt ist, dass es immer die gleichen Gesichter sind, die zusammen mit den Mitglieder und Fans über die Ursachen der Misere grübeln. Ein Karim Matmour versucht derweil sich ungesehen an einem Seiteneingang aufsammeln zu lassen, zu einem kurzen Gespräch ist er nicht bereit – „Ich will nach Hause!“.

Lassen wir uns von den jüngsten Ereignissen nicht blenden, lautet das realistische Zwischen-Resümee leider: Das wird dieses Jahr nichts, es kann nichts werden. Dafür liegt zu viel im Argen. Wie ein in Panik geratener Schiffsbrüchiger greift der FCK verzweifelt nach allem, klammert sich an jeden Strohhalm. Selbst wenn es gelingt sich über die Relegation oder gar Platz Zwei zu retten, braucht es ein Wunder, damit das FCK Fandasein in den nächsten Jahren mehr Lust als Frust wird.
Tatsache ist, dass es an einem langzeitorientierten Konzept fehlt: es gibt keinen Sportdirektor, Eigengewächse bekommen wenig Chancen zu reifen, sich zu etablieren, in Puncto Jugendarbeit sind wir längst abgehängt im Südwesten, die Personalfluktuation auf dem grünen Rasen ist schlichtweg eine Katastrophe. Verpflichtungen scheinen vielmehr nach dem Gießkannen-Prinzip als durchdacht und mit Blick auf eine langfristige Entwicklung zu geschehen. Wir leben von der Hand in den Mund, warten darauf, dass ein Wunder geschieht und nächste Saison alles besser wird. Die Verantwortlichen beschönigen die Lage bis zu einem Punkt, an dem die Fakten es nicht mehr zulassen. Dann heißt es „Tradition gewährt keine Zeit“ oder „Unser Budget lässt dies und das nicht zu“.

Das sportliche Auftreten stellt die Basis unseres Vereins dar, davon hängen Image und letztlich das ganze Wesen des FCK ab. Eine charakterstarke Einheit auf dem Platz lässt sich nicht eben in der Sommerpause zusammenkaufen, sondern will kontinuierlich aufgebaut werden. Ein überzeugendes Zukunfts-Konzept ist alles. Es verdient Geduld und bekäme sie von Mitgliedern und Fans wohl auch eingeräumt. Auf Typen wie Jean Zimmer zu setzen, könnte der erste Schritt auf diesem neuen Weg sein. Einer authentischen, jungen Truppe verzeiht man Fehler eher, sie ist glaubwürdig und wirkt identifikationsstiftend. Das muss unser Anspruch sein. Das Gros des aktuellen Kader entspricht dieser Philosophie offensichtlich nicht. Nach dem Unentschieden beim Karlsruher SC hatte „Coach Kosta“ davon gesprochen, dass eine Hälfte des Teams spielen wollte und Körpersprache gezeigt habe, die andere Hälfte habe nicht gekonnt oder nicht gewollt. Eine Erkenntnis, die ohne Konsequenzen blieb.

Der FCK braucht ein Stück weit breitere Strukturen: Nicht nur im wirtschaftlichen, sondern vor allem im sportlichen Sektor müssen Verantwortliche klar benannt und mit Kompetenzen ausgestattet sein. Hier bedarf es (Meinungs-) Vielfalt für ein konstruktives Miteinander! „Neuanfang jetzt“ ist die Aufforderung zum Umdenken, nicht um Unruhe zu stiften, sondern um wach zu rütteln und die um sich greifende Gleichgültigkeit im Vereinsumfeld zu stoppen. Es ist Zeit die Weichen zu stellen – für unseren FCK!

 

Hier geht es zur kompletten Ausgabe 101!

UdH# 100: Betze vs Bochum

100coverEINHUNDERT Ausgaben “Unter die Haut” Spieltagsgazette! Zum Jubiläum haben wir uns – wie schon bei Nummer 50 – etwas besonderes ausgedacht. Bevor ihr nun in das 32-seitige Werk eintaucht, stöbert und schwelgt, sei uns noch ein praktischer Hinweis zum Daily Business erlaubt:

 

Aufgrund des gesetzlichen Tanzverbots wird die “Wir alle sind K-Town” Vol. 6 auf den 14. Juni verschoben! Auch das Line up ändert sich ein wenig. Leider kann Luki Ggf den neuen Termin nicht wahrnehmen, dafür haben wir mit der Band „The Watching“ einen weiteren live act am Start. Wir hoffen ihr erscheint dennoch wie immer zahlreich und gut gelaunt.

 

Wie ihr gleich feststellen werdet, kommen in Ausgabe# 100 viele Menschen zu Wort, die den Weg des “Unter die Haut” bis heute begleitet haben: Die Initiatoren, die Schreiberlinge der ersten Stunden, Leserinnen und Leser aus der FCK Fanszene, Fanclubs, Fanvertretung, Fanprojekt,… sowie natürlich die Hauptprotagonisten selbst: die Mädels und Jungs des Arbeitskreis UdH, die auch bei dieser Ausgabe nicht müde wurden, euch mit Leidenschaft und Fleiß ein lesenswertes Paket zu schnüren. Wir wünschen allen viel Spaß damit und den Beteiligten eine schöne Jubiläumsfeier, genießt den Tag! Vielleicht trägt die Mannschaft etwas zum Gelingen bei. Auf 100 Ausgaben UdH!

 

JulianM, 21 Jahre

Ich weiß nicht mehr genau die Ausgabe, zu der ich meinen ersten Text beisteuerte. Müsste was in den frühen 30ern gewesen sein. Jetzt, rund 4 Jahre, gut 70 Spieltagsausgaben, ein paar Sonderausgaben – nicht zu vergessen unser UdH kids – und natürlich die beiden plus-Ausgaben später, sitze ich zuhause vor meinem Laptop und versuche ein paar Zeilen zu finden, um zu beschreiben, was das “Unter die Haut” für mich bedeutet. Ich will es mal mit einer kurzen Story versuchen. Direkt nach der Spieltagsterminierung habe ich – recht spontan – bei meinem Chef für den Montag Urlaub eingereicht. Dieser meinte freundlich “Kein Problem, aber darf ich fragen, warum sie so spontan Urlaub brauchen?” – “Äh, Familienfeier an dem Sonntag…” 😉
Ich bin stolz ein Teil unseres Kurvenflyers zu sein, und so stetig an der Weiterentwicklung unserer Gruppe “Frenetic Youth” mitzuwirken. Möge die Reise noch lange weitergehen!

Wir ihr gemerkt habt, ist diese Ausgabe etwas besonderes. Dennoch ist wichtig, auch die Mädels und Jungs zu Wort kommen zu lassen, die Spiel für Spiel immer wieder eine geile Ausgabe in die Tasten zaubern.
Also dann: Sagt, was ihr zu sagen habt!
Keep on writing!

RobertHD, 24 Jahre

Mir persönlich ist die Mitarbeit im Arbeitskreis echt ans Herz gewachsen. So kann ich mich trotz Wohnsitz in München problemlos an der Arbeit beteiligen. Als Leiter des UdH-Patenmodells ist es für mich auch echt erfreulich zu sehen, wie sich mit der Zeit die neuen Schreiber aus dem Förderkreis entwickeln bzw. entwickelt haben. Das ist für mich auch ein Zeichen, dass wir hier im Arbeitskreis alle wirklich gute Arbeit leisten. Darauf können alle stolz sein! Auf die nächsten 100 Ausgaben!

Ruven, 25 Jahre

Seit knapp sechs Jahren gibt es zu jedem Heimspiel ein Unter die Haut zu bestaunen. Trotz Druck-, Layout- oder sonstigen Schwierigkeiten haben wir es echt geschafft, jedes Mal eine solide Ausgabe an den Start zu bringen. Das hätte wohl zu Beginn des Projekts niemand für möglich gehalten! Wahnsinn!

Mit dem UdH verbinde ich Qualität, eine Menge Arbeit, einen coolen Arbeitskreis und Hammer-Partys. Die Reise wird weitergehen, ich habe auf jeden Fall weiterhin Lust drauf! Auf die nächsten 100 Ausgaben!

DominikP, 16 Jahre

Genau ein Jahr ist es nun her, seitdem ich mit dem Schreiben für unser Fanzine Unter die Haut begonnen habe. Ein dreiviertel Jahr durfte ich mich durch die Patenschule von Robert boxen, ehe ich Anfang Februar festes Mitglied des Arbeitskreises UdH wurde. Viele Texte wurden von mir geschrieben und noch mehr Themen zusammengekratzt, um unser Heftchen möglichst voll zu bekommen. So wünsche ich unserem Fanzine alles Gute zur #100sten Ausgabe und auch in der Zukunft auf weitere hunderte, wenn nicht sogar TAUSENDE Ausgaben unserer Unter die Haut!

TimR, 14 Jahre

Lang’ ist es jetzt her, als ich meine erste UdH Ausgabe in den Händen hielt. Es war die 52. Ausgabe beim Heimspiel gegen den FC Augsburg, Anfang der Saison 2011/2012. Nun einige Jahre später wirke ich selbst als UdH-Pate beim Kurvenflyer mit. Wer hätte das vor knapp drei Jahren gedacht? Als Mitglied des Förderkreises kam ich Ende letzten Jahres auf den Arbeitskreis Unter die Haut und trage seitdem meine Beiträge zum Kurvenflyer bei. Letztendlich wünsche ich mir weiterhin so viel Spaß mit dem Schreiben von Texten als Pate für das UdH und gratuliere ebenfalls zur 100. Ausgabe Unter die Haut!

TobiG, 22 Jahre

Seit nunmehr 30 Ausgaben „unter die Haut“ wirke ich nun aktiv an der Gestaltung unseres Kurvenorgans mit und muss sagen, dass es mir riesen Spaß macht jede Woche aktiv an der Arbeit der Redaktion teilzunehmen.
Auch wenn die Arbeit am Ende einer Ausgabe manchmal etwas stressig wird, ist es Woche für Woche eine große Bereicherung für mich. Ein persönliches Ziel mit dem udh wäre natürlich die 200. Ausgabe mitzuerleben zu dürfen und aktiv mitzugestalten. Auf ein riesen Fest – udh!

Conny, 29+3 Jahre

Das UdH ist für mich die „Stimme“ von Frenetic Youth: „meiner“ Gruppe. Und „Youth“, also Jugend war für mich noch nie eine Sache des Alters. Ich habe die „20er-Grenze“ längst überschritten und dennoch beschreibt „Jugend“ für mich vielmehr ein Lebensgefühl von Freiheit und Unbeschwertheit, Dinge kritisch zu hinterfragen und sich nicht allen gesellschaftlichen Gegebenheiten wortlos zu unterwerfen! Mir persönlich bietet das UdH die Möglichkeit, solche Werte, die mir und meiner Gruppe wichtig sind, weiterzugeben und unsere Ideale an die Jüngeren zu vermitteln. Ein positiver Nebeneffekt der ganzen Sache ist außerdem, dass man immer auf dem Laufenden ist, was in der Fußballszenewelt so vor sich geht. Ich bin stolz, Teil von FY und gleichzeitig Teil des UdH zu sein. Auf die nächsten 100 Ausgaben!

JonasM, 22 Jahre

Ich bin noch nicht sehr lange im Team um das Udh. Ich beschäftige mich hauptsächlich mit dem Teilbereich der Rising Subculture und schreibe dort zu Entwicklungen einer der größten Jugendkulturen in Deutschland. Diese kritischen und oft tiefgründigen Themen sind für mich eine Möglichkeit das UdH eventuell auch im Vergleich zu anderen Ultraszenen in Deutschland vorranzubringen.
Keep on Rising!

Neubi, 20 Jahre

100 Ausgaben „Unter die Haut“ stehen für:
eine hohe inhaltliche Qualität – Locke, Flo, Netzer, Pat, Alex, Julian, Ruven – Saarland copy Mafia – feinsten UdH Wein – sonntäglichen „Schreibstress“ – Ultra – Stadt – Kurve – Verein – Fußball – FY – Subkulturen – Spaß – Ehrgeiz – Stolz – Freundschaft – Stress – Chaos – „Unter die Haut Blog“ – „Unter die Haut plus“ – MAXIMUM RESPECT!

Uli, 20 Jahre

Als ich meine Mitarbeit im Arbeitskreis begann, war die 50.Jubiläumsausgabe noch druckfrisch und ein neuer Drucker konnte durch die Jubiläumsparty ermöglicht werden. ,,Saufen für nen neuen Drucker!“ 50 weitere Ausgaben vergingen wie im Flug – Die Qualität, der Umfang und die Abwechslung des Kurvenflyers erreichten dabei immer wieder neue Dimensionen. Ein besonderer Dank geht an die zuständigen Leute der Redaktion, des Layouts und Drucks, die das UdH seit der 1.Ausgabe am Laufen halten und Woche für Woche Ihre wertvolle Freizeit investieren, sodass beim nächsten Heimspiel eine neue Ausgabe erscheint! Hut ab! UdH #100!

Andi, 27 Jahre

Ich bin erst seit kurzem im Arbeitskreis aktiv. Das UDH bedeutet für mich persönlich vor allem eine Möglichkeit zu haben, meine eigenen Gedanken in einem gewissen Rahmen  auszudrücken. Beim Schreiben und Recherchieren eines Textes habe ich die Möglichkeit mich intensiv und refklektiert mit dem Thema auseinander zu setzen. So erhalte ich, und die Leser hoffentlich auch, eine viel fundiertere Meinung über ein gewisses Thema. Wichtig ist mir auch, dass das UDH Platz bietet für kritische Themen, die in den Medien vielleicht nur
wenig oder gar keine Betrachtung finden.

Pat, 25 Jahre

Die Geschichte des „Unter die Haut“ zeigt, mit welcher Dynamik sich eine einst fixe Idee entwickeln kann. Aus einer übersichtlichen Schreiber-Riege ist ein top organisierter Arbeitskreis erwachsen, ein Projekt, in das sich viele junge Menschen engagiert und verantwortungsvoll einbringen. Es ist wunderbar zu sehen, wie diese Erfahrungen die Beteiligten prägen und miteinander verbinden. Das „Unter die Haut“ hat sich zu einer Institution bei FCK-Heimspielen gemausert, eine zuverlässige Informationsquelle und ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der Gruppe Frenetic Youth und seines Umfeldes. Chapeau an alle UdH’ler für 100 Mal „Ultra‘ Propaganda“!

Flo, 25 Jahre

Sommer 2008: “Wer layoutet unseren neuen Kurvenflyer?” – “Ok, ich machs… aber nicht für immer!”
Sommer 2014: Ich bin immer noch da.

Netzer, 25 Jahre

Als wir vor fast sechs Jahren mit dem Unter die Haut angefangen haben, konnten wir nicht voraussehen, was das Ganze für eine Entwicklung nehmen würde. Am Anfang kamen die Texte von 3-4 Leuten, dazu eine Person für das Layout und dann alle gemeinsam tackern und falten. Auch das Drucken war immer wieder abenteuerlich, so wurden die Drucker unserer Arbeitgeber doch ziemlich strapaziert. Ich bin wirklich stolz auf das, was sich da in den letzten Jahren entwickelt hat. Die Unter die Haut Redaktion ist stetig gewachsen, integriert junge Leute mit Interesse am Schreiben, hat das FY Fanzine Unter die Haut plus herausgegeben und jetzt mit dem UdH-Blog ein weiteres cooles Projekt am Start. Die Qualität der Texte ist stetig gewachsen und ganz besonders gefällt mir, dass die Grundidee, nämlich den Blick über den Tellerrand zu werfen, weiter so verfolgt wird. Ein riesen Lob an alle Schreiberinnen und Schreiber. Macht weiter so, dann sind die nächsten hundert Ausgaben kein Problem.

Stefan , 19 Jahre

100 Ausgaben Unter die Haut – Grund genug für mich noch mal die alten Udh’s auszugraben, die sich im Lauf der Zeit angesammelt haben. Was bei den ersten Ausgaben mit einem doppelseitig bedruckten Faltblatt und geringer Auflage angefangen hat, wurde über die Zeit immer dicker und optisch immer ansprechender. Ins Auge springt natürlich die 50. Ausgabe, welche als einzige farbig ist und gefühlt letzten Sommer erst rauskam. Und natürlich die 51. Ausgabe, welche mit 44 Seiten wohl die umfangreichste Ausgabe war. Kaum zu glaub, dass das schon wieder fast 3 Saisons her ist, 3 Saisons an denen auch weiterhin immer ein informatives Unter die Haut am Start war. Dafür können sich alle Schreiberlinge heute mal bei einem Bierchen auf die Schulter klopfen! Auf Uns! Keep on Rising, Udh!

Lukas, 18 Jahre

Pah, schon die 100. Ausgabe und es kommt mir so vor, als hätten wir gestern erst die 50te gefeiert, echt krass. Viel habe ich über’s UdH so spontan gar nicht zu sagen. Optisch und inhaltlich ein gutes Heft, welches sich stetig weiterentwickelt. Danke an alle mitarbeitenden Arbeitskreis-Mitglieder, auch wenn ihr meinen Nikotin- und Kaffeekonsum doch manchmal erheblich fördert, wenn mal wieder einige Texte fehlen und ich nicht layouten kann 😉

Hier geht es zur kompletten Ausgabe 100!

100cover

Das Fußball-Imperium

Krumme Geschäfte im Namen des Fußballs. So könnte man die Dokumentation “Das Fußball – Imperium” aus der Reihe ZDF-Zoom, die diese Woche ausgestrahlt wurde wohl am besten in einem Satz beschreiben. Anhand verschiedener Recherchen versucht die Doku etwas Licht ins Dunkel der FIFA zu bringen.Dabei geht es neben der allseits bekannten Korruption, vor allem um Phänomene, wie Kolonalherrschaft und moderne Sklaverei. Der Bericht schafft es auf eine interessante Weise, die Methoden der FIFA zu hinterleuchten und zeigt anhand der aktuellen WM-Standorte, wie die FIFA Menschen- und Grundrechte verletzt.

Hier geht es zur Reportage in der ZDF Mediathek!

fifamafia

Auch in UdH Ausgabe# 98 berichteten wir schon über die FIFA und deren hauseigenen Vorstellung vom Produkt Fußball.

Brasilien Spezial – Teil 1

(Marcello) „Na da leck‘ mich fett!“ – Das war etwa meine Gefühlswelt, als feststand, dass ich mit euch, unserer werten „erweiterten“ Leserschaft des UdH bzw. des Blogs noch mehr von meinen Erlebnissen im für mich schönsten Land auf dieser Erde teilen darf. Zunächst einmal werde ich noch die restlichen drei Spiele, von denen ich immerhin auch deren zwei im Stadion ansehen durfte, etwas aufarbeiten, sofern es sich lohnt. Des Weiteren sind noch zwei weitere Teile fest geplant.

Überraschenderweise wird es um Fußball gehen, mal mehr, mal weniger, mal auf die Gesellschaft bezogen und mal mit ganz besonderen Einblicken, auf die ihr euch freuen könnt! Aber zu viel verraten möchte und werde ich nicht und daher legen wir gleich los mit den drei anderen Partien, die ich besucht habe bzw. wollte. Los geht es mit dem Pokalspiel von ABC gegen Sport Recife:

ABC Futebol Clube – Sport Recife
08.05.2013 / Copa do Brasil (Brasilianischer Pokal) / Estádio Maria Lamas Farache („Frasqueirão“) / ca. 7500 Zuschauer

Zur späten Zeit von 20:00 Uhr machte ich mich mit meinem Mitstreiter aus der Heimat auf den Weg ins wunderwunderschöne Frasqueirão, ich bin wirklich verliebt in das Teil! Dieses MalNatal-Recife waren wir alleine unterwegs und trotz zuvor gegenteiliger Ankündigung meines Mitabiturienten, ließ er sich auch nicht lumpen und machte sich mit mir per Pedes Richtung Stadion auf. Zu Fuß braucht man von unserer Wohnung etwa eine halbe Stunde, läuft (im wahrsten Sinne des Wortes!). Unterwegs wurden mal wieder ein paar Halbstarke von Garra Alvinegra von den Cops gefilzt, irgendwie hasse ich sie ja weltweit muss ich sagen.

Am Stadion angekommen, mussten wir uns dieses Mal selber um die Karten kümmern, angesichts der Terminierung von 22:00 Uhr an einem Mittwochabend war aber klar, dass dies kein Problem darstellen sollte. Der erste Gauner wollte uns für 70 Reais eine Stehkarte andrehen, was umgerechnet ziemlich genau 28€ entspricht. Ja nee is’ klar, mit den Gringos (Googelt es, wenn euch die Bedeutung interessiert, aber nett ist es nicht) kann man’s ja machen! Der unfreiwillig neu gewonnene Freund haftete dann an uns, wie eine Scheißhausfliege in Topform, allerdings kamen wir dann mehr oder weniger zufällig an die „Kartenschalter“ des Stadions, welche äußerst ungewöhnlich gebaut sind: Der Raum, in dem die Karten verkauft werden, ist nur durch kleine Sichtnischen, welche vergittert sind, einsehbar, diese Nischen sind vielleicht 13×13 cm groß. Hatte was von einem Gefängnis, aber um diese rotzhässliche Einkaufsrechn… ähh Eintrittskarte durchzustecken, reichte es allemal.

Bei noch 45 Minuten Zeit bis zum Anstoß (entspricht gefühlt 2,5 Stunden vor Anpfiff in Deutschland), vertrieben wir uns noch die Zeit damit, uns mit allerlei Gegrilltem zu verköstigen. Ich werde auf jeden Fall vermissen, mir mit Blick aufs Spielfeld gegrillten Käse und Hühnchen für 80 Cent pro Spieß einzuverleiben. Keine Sau würde es jucken, dass ich mir noch von dieser phänomenalen Guarana-Limonade gekauft habe, allerdings ist dies auch mit einer netten Anekdote verbunden: Der etwa 50-jährige Verkäufer machte ganze schöne Augen, als ich als Mensch mit hellen Augen auf Portugiesisch bestellt habe (es wurde!). Nachdem ich ihm dann gedrückt habe, dass ich aus Deutschland bin, konnte dieser gar nicht mehr und haute alle Assoziationen zu Deutschland raus, die in seinem Kopf rumschwirrten. Mein Highlight war auf jeden Fall „Hummänicke“, welcher im Nachhinein als Vereinsmitarbeiter des 79000-fachen Deutschen Meisters Karl-Heinz R. ausgemacht werden konnte. Nett war’s und ich kann nur appellieren: Mehr Churrasco-Stände vor deutschen Stadien! – Auch wenn‘s leider nix wird!

10 Minuten und damit überpünktlich ging es für uns ins schmucke Teil, dieses Mal nahmen wir allerdings sitzend auf der Hintertortribüne im Bereich von Garra Alvinegra Platz. An diesem – Achtung, jetzt kommt’s – warmen und sommerlichen Abend (überraschend, nicht wahr? ) waren etwa 7000-8000 Leute im Stadion, die Tribünen waren schon bedeutend leerer. Kurz vor Spielbeginn begannen dann erste Pöbelgesänge, eigentlich handelt es sich bei diesem Spiel auch um ein Derby, liegt Recife schließlich NUR (und zwar wirklich „nur“) 300 km von Natal entfernt. Was in Deutschland eine Auswärtsfahrt normaler Weite ist, ist für Brasilien eine äußerst geringe Entfernung.

Recife-NatalAufgrund der schwierigen Terminierung (mittwochs 22:00 Uhr, ähhh hallo?!!) waren allerdings nur etwas über 300 Torcidas aus Recife (einer der gefährlichsten Städte Brasiliens) zugegen. Optisch konnten diese mit einer ansprechenden Zaunbeflaggung überzeugen, kurios war, dass die führende Gruppe „Saida3Pte“ sogar zwei Zaunfahnen dabei hatte. Ebenfalls konnte das schöne, gemalte, schlichte, große Banner mit der Aufschrift „Löwen des Nordostens“ überzeugen.

Der Support von Recife war gemessen an der Anzahl der Leute in den ersten 10 Minuten Wahnsinn, wenn die Torcidas von Americá so motiviert gewesen wären, wär‘s ne kranke Nummer geworden.

Zum Sportlichen: Im brasilianischen Pokal ging ABC dieses Mal erneut als Außenseiter in die Begegnung, ist doch Sport Absteiger aus der höchsten brasilianischen Spielklasse. In gewohnt aggressiver Manier spielten die Mannen in Weiß von Anfang an mit technisch ambitionierter Spielweise. Das Spiel konnte an sich gerissen werden und ABC dominierte das Spiel von Beginn an. In der 37. Minute hätte der freistehende Mittelstürmer das 1:0 machen müssen, allerdings war dieser dermaßen überrascht, dass er aus drei Metern vorbei köpfte. Ärgerlich! Mit einem schmeichelhaften 0:0 aus Sicht der Löwen ging es dann in die Kabine.

Während der Halbzeit trafen wir uns dann mit Bruno von Garra Alvinegra. Erfreulicherweise konnte ich bei diesem Gespräch feststellen, dass sich meine portugiesischen Sprachkünste immer weiter verbessern. Andererseits wäre es ja auch schlimm, wenn es nicht so wäre. Nach einem relativ belanglosen Gespräch, nach welchem mir mal wieder Gruppenklamotten angedreht wurden (dieses Mal bestand ich darauf, zu bezahlen), ging es schon weiter im Text und das Spiel ging weiter. Die Torcidas um Garra Alvinegra und Camisa12 (Gegengerade), ob der engagierten Leistung der eigenen Mannen sehr motiviert, wenngleich „die Sache mit dem Support“ in Brasilien nicht so eng gesehen wird. Da sitzen auch mal welche abseits vom Supporthaufen rum, rauchen und unterhalten sich über das vergangene Wochenende. Völlig undiszipliniert und ein krasser Gegensatz zu Deutschland, allerdings ist das eben eine andere Mentalität. Die Meute, die gesungen hat, war aber gewohnt motiviert bei der Sache. Um das Liedgut zu entziffern, wird es allerdings noch die eine oder andere Woche dauern.

Ab der 55. Minute war ABC dann drückend überlegen, klasse im Spiel und mit zwingenden Chancen, welche mit einem unbeschreiblichen Pech nicht den Weg ins Tor gefunden haben, als Beispiel sei ein Torschuss aus etwa 18 Metern genannt, der drei Mal auf seinem Weg zu den Maschen abgefälscht wurde und 15 cm am Tor vorbeieierte.. Da hadert man selbst als fast neutraler Zuschauer. Nach einem weiteren Pfostentreffer hatte der Mittelstürmer mit der Nummer 9 jedoch mehr Glück. Durch eine hervorragende Ballstafette im Mittelfeld wurde dieser im Strafraum freigespielt und konnte mit einem brutalen Gewaltschuss aus rechter Position etwa neun Meter vor dem Tor netzen. Der Torjubel konnte sich wieder einmal das Prädikat „atemberaubend“ verdienen, wenn das hier immer so ist, dann feiere ich es!

Als wenn das nicht genug gewesen wäre, schlug es knappe 10 Minuten später noch einmal im Gehäuse der Gäste ein und der Jubel kannte keine Grenzen mehr. Schön anzusehen ist es immer wieder, wie Leute einen etwa 3-4 Meter hohen Maschendrahtzaun erklimmen und oben ihren Emotionen freien Lauf lassen. Fußball pur!

Neben einem Lattentreffer der Gäste nach einem Freistoß (wovon wirklich alle gefährlich waren), gab dieses Spiel nichts Besonderes her. Nach 15-minütiger Blocksperre wurde der Heimweg angetreten und auf diesem konnten einige TGA Nasen gesichtet werden, welche noch irgendwie vergeblich versuchten, an Gäste ran zu kommen. Sei es drum, ab nach Hause und zufrieden ins Bett gefallen! Fußball in Brasilien macht abgesehen vom Eintrittspreis so unglaublich Spaß!

Wer dachte, das wäre aber der Gipfel gewesen, für den kommt jetzt der Kracher: Zehn Tage später kam das nächste Ereignis der Kategorie „Hätte ich mir niemals träumen lassen“: Drei TageRecife-Natal_vorAbfahrt1 vor dem Rückspiel in Recife wurde mir einfach mal so beiläufig ein Busplatz für das Auswärtsspiel dort angeboten. Lange überlegt habe ich nicht, das könnt ihr mir glauben! Also am 22. Mai letzten Jahres gegen 14:30 Uhr mittags einmal mehr den Fußmarsch zum wuuuuuuunderschönen Frasqueirão angetreten, wo sich die beschauliche Meute von 220 Leuten, die sieben Busse füllte, dann sammelte.
Was ich aber zugeben muss und nicht unerwähnt bleiben sollte: Als ich den ersten Fuß auf den Parkplatz setzte, war mir sehr mulmig, ich war beängstigt – Zwar kannte ich nun Bruno wirklich konkret beim Namen und hatte dementsprechend einen Ansprechpartner, aber für mich war es absolut krass, mich darauf einzulassen. Erst einmal habe ich versucht irgendwo Bruno, meinen einzigen Ansprechpartner, zu finden. Dies war nicht der Fall und die Randnotiz via Whatsapp, ich solle mich im Zweifelsfall einfach an Cristiano, den Präsidenten (sehr ausgeprägte Hierarchien) von Garra Alvinegra wenden, stellte sich dann noch später als Treffer heraus. Da stand ich nun in dieser klassischen „all eyes on me“-Situation. Multikultur wie in Europa ist in Brasilien absolut unüblich und wie überall fiel ich dieses Mal ziemlich auf. Kurzzeitig dachte ich dann an Aufgabe, aber durch die bestehenden Kontakte und die Assoziation von mir zu Augusto (siehe Spielbericht in UdH Nr. 86), ging ich die Sache an und eins kann ich vorweg nehmen: Ich habe es nicht bereut, nicht mal ein bisschen!

Bruno ließ sich nur kurz vor Abfahrt blicken, Cristiano wusste aber Bescheid und tatsächlich war ein Busplatz für mich geblockt. Sehr geil! Cristiano wusste mich aber einzuordnen und auf einmal war die anfängliche Skepsis der Meute mir gegenüber wie verflogen und die Zeit bis zur Abfahrt verging wie im Flug. Mein Smartphone mit FY-Bilderordner ging rum und die Leute haben es gefeiert, besonders unseren Auftritt in Mainz. Als die Torcidas realisiert haben, dass ich einfach nur aus Interesse an der Sache mit will, fanden sie die ganze Sache ziemlich „legal“ („cool“). „Um gringo louco“ war ich trotzdem, weil mir mehrfach bereits vor der Abfahrt von mehreren Leuten gesagt wurde, dass es gar nicht soooo unwahrscheinlich sei, dass es knallt. Nun denn. Bus bezahlt, gelabert, nen Caipi getrunken und dann auf die Hauptstraße am Stadion.

Recife-Natal_vorAbfahrt2Jetzt einmal kurz zum Mitdenken: Natal und Recife liegen 297 km auseinander. Mit einem Bus braucht man in Anbetracht der Straßen dort etwa vier Stunden, die „Autobahnen“ dort gehen in Deutschland nämlich bestenfalls als größere Bundesstraße durch. Der Treffpunkt war um 15:00 Uhr, bei einer geplanten Abfahrt eine Stunde später. Wie es in Brasilien nun mal so ist, wird die Pünktlichkeit nicht besonders ernst genommen (hat, wie man sich denken kann, gute und schlechte Seiten), so dass um 17:30 im Eiltempo SIEBEN Busse ans Stadion angeheizt kamen, der eine größer, der andere kleiner, aber 220-230 Leute werden da schon drin gewesen sein. Meine Wenigkeit nahm in einem 20-Sitzer Platz. Wer jetzt etwas in Richtung Reisebus erwartet, muss enttäuscht werden, ganz einfach nur kleine Stadtbüsschen vom Privatunternehmen. Was da drin war, war ein Drehkreuz, Fahrersitz und Sitzbänke. Was bisher nicht von mir erwähnt wurde: Anstoß im Stadion von Recife, was auf Bildern ziemlich genial aussah, war um 21:45 Uhr. Dementsprechend war mir Angst und Bange, den Anstoß zu sehen, aber dazu gleich mehr.

Drinnen im Bus war ich natürlich wieder das Ereignis schlechthin, wieder wurde mir gesagt, dass es heute soooo wahrscheinlich knallt, was von mir aber halt so hingenommen wurde. Die Fahrt war ziemlich geil, die Jungs von TGA schmettern nämlich nahezu durchgehend ihre brutalen Lieder durch den Bus, Wechselgesänge mit anderen Bussen und so weiter… sehr fett!

Nach mehreren Pausen, erreichten wir gegen 22 Uhr die Stadtgrenze von Recife, um dort noch kurz eine Tanke zu entern, wo erstaunlicherweise wirklich wenig geklaut wurde (obwohl die Leute es wesentlich nötiger hätten als wir). Recife rein war wirklich ein sehr krasses und prägendes Erlebnis für mich. Von Natal kommend, geht die Autobahn in einem Tal zwischen zwei riesigen Hügeln in die Stadt, auf welchen komplett Favelas sind, waren bestimmt 10.000 Häuser der übelsten Sorte. In Recife selber staunte ich auch nicht schlecht. Ich will nicht pöbeln, aber das war schlicht und ergreifend die verranzteste, heruntergekommenste, und ungepflegteste Stadt, die ich jemals gesehen hab. Ganz ganz hässliches Loch! Irgendwann wurden wir in „Deutschland-Manier“ von den Cops ans Stadion gekarrt, in der Seitenstraße geparkt und raus aus den Bussen. Mit dem Mob die Straße zum Stadion hochgefeiert (besseres Verb fällt mir da wirklich nicht ein), dann auf einmal kurze Rennerei, weil die Bullen zwei Ketten zwischen Straße und Eingang gebildet hatten. Einer der Torcidas nahm mich am Arm und ging mit mir zu nem jungen Bullen (welch glorreiche Idee!) und steckte dem, wer ich bin und dass ich bitte in Ruhe zu lassen sei. Weniger nett die Geste vom „Freund und Helfer“: Nach sorgfälter Prüfung meines Reisepasses, sagte der auf Englisch zieeemlich unmissverständlich: „Guy I tell you one thing: Don’t make trouble! Brazilian jail is no fun!“. Alles klar, gerafft!

Irgendwann stellte sich raus, dass die Bullen ALLE durchsuchen wollten, bevor irgendeiner ins Stadion gedurft hätte. Na geil! Dementsprechend fiel die Reaktion der Meute aus und es krachte wieder mit den Bullen. Es wollten einfach nur alle ins Stadion, schließlich ging das Spiel auf die Halbzeit zu. Die nächsten Rennereien gingen los und dieses Mal prügelten uns die Cops schön zurück Richtung Busse. Um den Überblick nicht zu verlieren, hielt ich mich so gut es geht an der Seite und immer der größten „Kleingruppe“ hinterher. Wenn ich festgenommen werden würde… nee, lass’ ma stecken den Gedankengang!

Jedenfalls kam dann irgendeiner auf die noch viel glorreichere Idee, man könnte sich ja mal mit 100 Leuten Richtung Heimkurve aufmachen und das in einem guten Sprint. Ich also rein in den Mob und dann passierte etwas ganz krasses: Anstatt dass es klappt, rennt an uns ein Robocop in einem unmenschlich asozialen Vollsprint vorbei, zieht am Mob vorbei, stellt sich vor dem auf die Straße Richtung Heimkurve und ballert mit seiner Gummipump zwei Mal in die Luft. So schnell habe ich noch niemanden stehen sehen.

Ende vom Lied war dann, dass alle Kleingruppen von den Bullen an die Busse eskortiert und nach Natal zurückgeschickt wurden. Überraschend für mich war definitiv, dass das irgendwann so hingenommen wurde und die Busfeierei auf der Rückfahrt so weiterging. Gefeiert hat bestimmt auch unser Kutscher, der von einem Mitfahrer etwas kolumbianisches Nasenpuder erhalten hat, um sich auf halber Strecke für den Rest der Fahrt frisch zu machen. Naja, wenn er halt müde ist!

In den frühesten Morgenstunden gegen 5:30 Uhr erreichten wir Natal und abgesetzt wurde ich direkt vor meiner Bude, da bin ich bis heute dankbar für! Dennoch machte ich einen kurzen Abstecher zum Strand, weil der Sonnenaufgang einfach viel zu genial war, um ihn auszulassen. Dann ins Bett gefallen um mich 3,5 Stunden später für die Schule rauszuquälen. Aber das war es wert!

Zum Spiel gegen Bragantino gibt es leider nicht viel zu erzählen, außer dem Üblichen an Grillkäse, Trommelrhythmen und so weiter und sofort. Das Spiel war am 4.6., endete 1:1, und war sterbenslangweilig (1x Tor nach Elfmeter und 1x nach Freistoß). Etwas zu sagen, was nicht schon erwähnt worden wäre, gibt es also leider nicht!

Lest demnächst Teil 2 unseres “Brasilien Spezial” auf dem Unter die Haut Blog!